Der Bundestrainer spricht. Und die Themen bei der ersten Pressekonferenz mit Joachim Löw seit knapp drei Wochen (16.00 Uhr) liegen auf der Hand: Nochmals das desolate 0:6 in Spanien, die Aussichten für die EM 2021, die Perspektive der umgebauten Mannschaft darüber hinaus.
Und natürlich sein bisheriger Kurs ohne die Ex-Weltmeister Thomas Müller, Jérôme Boateng und Mats Hummels. Löw wird sicher auch nach seinen Gedanken und Gefühlen in den Wochen der massiven öffentlichen Kritik gefragt werden.
Spannend wird sein, wie sich Löw gibt. «So, wie er sich zur Zeit verhält, war er auch gegen Spanien auf der Bank: Sehr ruhig, zurückhaltend», sagte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bei Sky. «Er ist emotional nicht mehr der Jogi Löw von früher.» Eher sachlich, analytisch. Nicht unbedingt mitreißend. Dass Löw aber auch anders kann, hatte er zuletzt Mitte März mitten in der ersten Welle der Corona-Pandemie bewiesen. Da war der nahbare, emotionale Löw.
Im Interview der «Bild» bekräftigte Matthäus seine Kritik. Er könne nicht verstehen, warum der Bundestrainer im Gegensatz zu U21-Coach Stefan Kuntz nicht ins Stadion gehe. «Wieso ist das für Löw beim Spitzenspiel Bayern gegen Leipzig nicht zu schaffen?», fragte der 59-Jährige. Club-Verantwortliche seien auch dort gewesen, ohne einem größeren Corona-Risiko ausgesetzt gewesen zu sein. «Meine Meinung: Löw versteckt sich», sagte Matthäus.
Der für die Nationalmannschaften zuständige DFB-Direktor Oliver Bierhoff, der statt Löw am Freitag die lange Analyse der sportlichen Leitung vorgestellt hatte, berichtete, er habe einen «nachdenklichen» Löw gehört, als dieser am vergangenen Montag vor der DFB-Spitze um weiteres Vertrauen in seine Arbeit geworben hatte. «Es ist heftig gewesen, was diese Tage passiert ist», sagte Bierhoff. «Er kann das aber auch schlucken. Die äußerliche Kritik tut natürlich weh, haut aber in dem Sinne nicht um. Viel mehr hat man Wut bei ihm gesehen.»
Löw will weitermachen, er wird erklären, warum. Bierhoff sprach von «16 Jahren Erfolgsgeschichte des Trainers». Löw war 2004 vom damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann als Assistents-Coach zum DFB geholt worden. «Bis auf 2018 hat er das Team bei Turnieren immer unter die ersten Vier geführt, war 2014 Weltmeister und 2017 Confed-Cup-Sieger», sagte Bierhoff.
Große Begeisterung hat die Nationalmannschaft in den vergangenen Monaten aber nicht ausgelöst, teilweise bedingt durch die Corona-Krise. Löw hat seinen Kurs immer wieder verteidigt. Und es ist höchst unwahrscheinlich, dass er es an diesem Montag plötzlich anders macht. «Es ist vermessen zu sagen, wir machen einen Umbruch und sofort funktioniert wieder alles», sagte Bierhoff.
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