Schalke-Coach Gross startet Rettungsmission

Christian Gross leitet sein erstes Training beim FC Schalke 04 hinter verschlossenen Türen. Der 66 Jahre alte Coach nimmt seine schwierige Mission beim Tabellenletzten mit Elan in Angriff.

Mit blauer Kappe auf dem kahlen Kopf und einem freundlichen «Guten Morgen» startete Christian Gross in seine wohl schwierigste Trainer-Mission. Am Morgen leitete der 66 Jahre alte Fußball-Lehrer sein erstes Training beim FC Schalke 04 mit einer fünfminütigen Ansprache ein.

Bei der knapp anderthalbstündigen Einheit hatte Gross noch nicht seinen kompletten Kader beisammen. Immerhin aber meldeten sich zwei Leistungsträger zurück. Mark Uth verbreitete nach seiner Gehirnerschütterung mit einem «Victory»-Zeichen Zuversicht. Der zuletzt pausierende Torhüter Frederik Rönnow konnte nach Adduktorenproblemen alles mitmachen.

Fünf Tage bleiben Gross, um das Team auf das erste Spiel im neuen Jahr einzuschwören. Bereits am Samstag ist die seit 29 Bundesliga-Spielen sieglose Mannschaft bei Hertha BSC gefordert und muss dort die Wende einleiten. Allen ist klar, wie schwierig es wird, das schon sechs Punkte vom Relegationsrang entfernte Schlusslicht in den restlichen 21 Partien vor dem Abstieg zu bewahren.

«Es ist eher ein Marathon, den wir gemeinsam angehen wollen. Ich bin überzeugt, dass Christian Gross mit seiner Ausstrahlung, seiner Expertise, seiner Menschenführung und seiner Erfahrung genau der Richtige ist, um mit uns die Mission Klassenerhalt erfolgreich schaffen zu können», sagte Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider bei der Präsentation seines Wunschkandidaten. Gross ist nach David Wagner, Manuel Baum und Kurzzeit-Helfer Huub Stevens schon der vierte Trainer in der laufenden Saison.

Schneider setzt darauf, dass dem Schweizer mit harter Hand ein ähnlicher Kraftakt gelingt wie vor elf Jahren beim VfB Stuttgart, als er die Schwaben von Platz 15 auf sechs hievte. «Ich kann einschätzen, wie Christian arbeitet, wie er wirkt, wie er versucht, in solch einer schwierigen Situation Fußball spielen zu lassen», sagte Schneider.

Es sei eine «spezielle» Mission, gab Gross zu, der zunächst viele Gespräche führen muss, um das Selbstvertrauen der verunsicherten Profis zu stärken. Man habe fünf Monate Zeit, «um diese Mission erfolgreich zu gestalten». Mit Stärken und Schwächen des Teams habe er sich längst beschäftigt, betonte der Coach. Verbesserungspotenzial sieht er in allen Bereichen: «Wir können uns steigern in der Kompaktheit und der Effizienz. Wir müssen mehr nach vorne unternehmen. Ganz wichtig ist zudem, dass wir weniger Gegentore kassieren.» Die Mannschaft müsse alles aus sich herausholen: «Dann kann sie es schaffen.»

Dem Vernehmen nach steht dem klammen Revierclub ein kleiner einstelliger Millionenbetrag zur Verfügung, um das Team im Januar zu verstärken. Bedarf besteht vor allem auf den Flügeln. «Wir werden alles tun, wozu wir in der Lage sind», versprach Schneider.

Sollte der Klassenverbleib gelingen, darf der zunächst bis Saisonende engagierte Gross auf Weiterbeschäftigung hoffen. Den Haifischzahn, den er stets bei sich trägt und der «positive Aggressivität» symbolisieren soll, wird er als Glücksbringer brauchen. «Ich habe noch sehr viel Energie», sagte er. «Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.» Sollte die Mission fehlschlagen, steht der Club vor einem Scherbenhaufen und einem Neuanfang in der 2. Liga. Dann wäre sicher auch für Schneider Schluss, der seine letzte Option gezogen hat.

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