Die amerikanische Lyrikerin Louise Glück erhält in diesem Jahr den Literaturnobelpreis. Das gab die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm bekannt.
Die 77-Jährige werde «für ihre unverkennbare poetische Stimme» ausgezeichnet, mit der sie «mit strenger Schönheit die individuelle Existenz universell» mache, sagte der Ständige Sekretär der Akademie, Mats Malm. Glück sei überrascht, aber trotz des frühen Morgens in den USA glücklich gewesen über die Nachricht, sagte Malm am Mittag. Auf Deutsch sind von Glück bei Luchterhand (München) mehrere Gedichtbände erschienen – die sind allerdings vergriffen.
Glück wurde in New York geboren und wuchs in Long Island auf. Schon als Mädchen schrieb sie Gedichte. Nach ihrem Debüt «Firstborn» (1968) veröffentlichte die heutige Literaturprofessorin elf weitere Gedichtbände sowie mehrere Bücher mit Essays über Poesie. Aktuell lehrt sie an der Elite-Uni Yale in New Haven (Connecticut) Englisch.
Beim Luchterhand Literaturverlag sind die Rechte an Glücks Büchern abgelaufen. «Wir sind gerade dabei, die Rechte neu zu verhandeln», sagte Sprecher Karsten Rösel am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Bei Luchterhand erschienen zwei Bände auf Deutsch: 2007 «Averno» und 2008 «Wilde Iris». Die Gedichte wurden aus dem Amerikanischen von Ulrike Draesner übersetzt. Draesner ist selbst eine preisgekrönte Romanautorin, Essayistin und Lyrikerin.
Zur Nachricht aus Stockholm sagte Luchterhand-Sprecher Rösel: «Uns hat das überrascht und gefreut.» Andere deutsche Übersetzungen von Glücks Texten seien ihm nicht bekannt. Rösel sagte weiter, wenn sie mit einem Gewinner aus ihrem Haus gerechnet hätten, dann eher mit Maryse Condé, die als eine der Favoritinnen galt.
Die Nobelpreise sind diesmal mit zehn Millionen Schwedischen Kronen (rund 950 000 Euro) pro Kategorie und damit einer Million Kronen mehr als im Vorjahr dotiert. Damals hatte die Akademie gleich zwei Preise vergeben, weil die Vergabe 2018 wegen eines umfassenden Skandals um das mittlerweile ausgetretene Akademiemitglied Katarina Frostenson und ihren Ehemann Jean-Claude Arnault zunächst ausgefallen war.
Deshalb war die Polin Olga Tokarczuk im vergangenen Jahr nachträglich als Preisträgerin 2018 bestimmt worden, während der Österreicher Peter Handke die Auszeichnung für das Jahr 2019 erhielt. Wegen Handkes umstrittenen Haltungen zum Jugoslawien-Konflikt hatte seine Auswahl in der Folge zu Kritik und auch Protesten geführt.
Offiziell gewürdigt werden die Nobelpreisträger traditionell am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel. Die prunkvollen Preiszeremonien, auf denen die Geehrten dann üblicherweise ihre Medaillen und Diplome erhalten, finden in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht statt.
Die Preisverleihung im Konzerthaus von Stockholm soll durch eine im Fernsehen übertragene Vergabe im Rathaus der Stadt ersetzt werden, auf der die Preisträger aus ihrer Heimat zugeschaltet werden sollen.
Seit Anfang der Woche sind bereits die Nobelpreisträger für Medizin, Physik und Chemie verkündet worden. Unter den Auserwählten war mit dem Astrophysiker Reinhard Genzel auch ein Deutscher. Am Freitag wird der diesjährige Friedensnobelpreisträger benannt.
© dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten.