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Richter kippen Beherbergungsverbot in zwei Bundesländern

Die Beherbergungsverbote sorgten in den vergangenen Tagen für gewaltige Kritik, eine gemeinsame Linie zu der umstrittenen Maßnahme fanden Bund und Länder aber nicht. Nun greifen die Gerichte ein – und eine Landesregierung.

Die Beherbergungsverbote für Inlandstouristen aus Corona-Hotspots geraten zunehmend unter Druck.

In Baden-Württemberg und Niedersachsen wurde die umstrittene Regelung am Donnerstag von Gerichten gekippt. Die Einschränkungen seien unverhältnismäßig. In Sachsen hob die Landesregierung das Beherbergungsverbot selbst auf, es gilt damit ab Samstag dort nicht mehr. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte, durch die bisherige Regelung würden «Menschen getroffen, die nichts mit der Krankheit zu tun haben».

Beim Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) konnten sich die Ministerpräsidenten der Länder am Mittwochabend auf keine einheitliche Linie verständigen. Die meisten Bundesländer hatten in der vergangenen Woche beschlossen, dass Bürger aus Regionen mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen bei Reisen innerhalb Deutschlands nur dann in Hotels und Gasthäusern übernachten dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen können.

Baden-Württembergs Verwaltungsgerichtshof in Mannheim entschied jedoch, dieser Einschnitt in das Grundrecht auf Freizügigkeit sei unverhältnismäßig. Zudem habe das Land nicht darlegen können, dass Hotels und Pensionen «Treiber» des Infektionsgeschehens seien. Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gab der Klage eines Ferienpark-Betreibers statt und erklärte das Beherbergungsverbot des Landes für rechtswidrig. In Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern liegen ebenfalls mehrere Eilanträge bei den zuständigen Oberverwaltungsgerichten.

Trotzdem wollen 7 der 16 Bundesländer vorerst an der Regelung festhalten. So erklärte etwa Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), es handle sich um ein scharfes Schwert, aber die Härte sei zumutbar. Schließlich hätten Wissenschaftler betont, dass Reisebeschränkungen einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Viruszirkulation leisteten.

Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschef Ralf Stegner bezeichnete das Beherbergungsverbot im «Spiegel» hingegen als «wirkungslose Symbolpolitik, die überdies unnötig Testkapazitäten kostet». Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, ergänzte: «Es trägt nichts zur Bekämpfung von Corona bei, greift aber tief in die Freiheit der Reisenden und Beherbergungsbetriebe ein.»

Dass die Regelung vielerorts beibehalten werden soll, stößt auch beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) auf scharfe Kritik: Im Gastgewerbe würden Existenzsorgen und Frust wachsen, erklärte Dehoga-Präsident Guido Zöllick. Die Maßnahmen seien existenzgefährdend. Gerade die Umsätze in den Herbstferien wären für Hotellerie und Gastronomie notwendig gewesen. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer forderte ebenfalls ein Ende der Beherbergungsverbote. «Unüberschaubare Regeln wie diese tragen schwerlich dazu bei, die so dringend notwendige Akzeptanz für die Sicherheitsmaßnahmen aufrecht zu erhalten», sagte er den Zeitungen der «Funke Mediengruppe».

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg reagierte auf den Eilantrag einer Familie aus Nordrhein-Westfalen, die einen Urlaub im Kreis Ravensburg gebucht hatte. Die Antragsteller kommen aus dem Kreis Recklinghausen, in dem das Infektionsgeschehen über dem Grenzwert von 50 Ansteckungen pro 100.000 Einwohnern in den vergangenen 7 Tagen liegt. Neben der Beschränkung der Freizügigkeit bemängelten die Richter, es sei nicht zumutbar, bis zu 48 Stunden vor Ankunft genommene negative Corona-Tests vorzulegen. Man könne nicht gewährleisten, dass Reisende in so kurzer Zeit einen Test erlangen könnten.

Sowohl in Baden-Württemberg als auch in Niedersachsen kann die Entscheidung des Gerichts nicht mehr angefochten werden. In beiden Ländern müssen sich Hotels und Pensionen damit ab sofort nicht mehr an die bisherigen Verordnungen halten.

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