Das neugewählte Parlament Ungarns wird am 14. Mai zusammentreten und einen neuen Regierungschef wählen. Staatschef László Sólyom kündigte am Mittwoch nach einem Treffen mit Viktor Orbán an, dass er dort den Kandidaten des überlegenen Wahlsiegers Fidesz-KDNP (Bund junger Demokraten/Katholische Demokratische Volkspartei) für das Amt vorschlagen werde. Orbán nahm den formalen Vorschlag an. Bei der ersten Parlamentssitzung muss der Ministerpräsident das Regierungsprogramm bekanntgeben, über das die Abgeordneten abstimmen.
Fidesz/KDNP verfügt nach dem zweiten Wahlgang vom vergangenen Sonntag über eine Mehrheit von 68 Prozent und kann damit selbst Verfassungsänderungen durchsetzen. Als erste Aufgaben nannte Orbán auf einer internationalen Pressekonferenz Veränderungen am Steuersystem, Kampf gegen die Bürokratie, Zusammenarbeit mit den kommunalen Selbstverwaltungen und Sofortmaßnahmen zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit.
Auf internationalem Gebiet kündigte Orbán Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds an, den er als Partner für die Unterstützung seines Landes gewinnen wolle. Fidesz vertrete die Auffassung, dass Null Defizit das beste Defizit sei. Das Problem sei jedoch, dass das Land bis zum Hals in den Schulden stecke. Orbán betonte jedoch auf eine Journalistenfrage, ob er eine Erhöhung des Defizitziels beantragen werde, seiner Auffassung nach sei weder der IWF noch die EU sein Chef.
In der Frage des Moratoriums für den Kauf von Ackerland durch Ausländer erklärte der Fidesz-Parteichef, man müsse einen Unterschied zwischen der juristischen Regelung und der tatsächlichen Lage machen.
So ist laut Orbán in Österreich rechtlich der Kauf von Boden durch Ausländer nicht untersagt, dennoch sei es für Ausländer dort unmöglich, zu Land zu kommen. „Ich versuche, die Ungarn davon zu überzeugen, dass das Bodenmoratorium wichtig ist, aber parallel dazu bemühe ich mich um die Gestaltung einer solchen juristischen Regelung, wie es sie in Österreich gibt. Also schaffen wir unabhängig von den Verhandlungen in Brüssel eine Regelung in Ungarn, aber parallel dazu versuchen wir das Moratorium aufrechtzuerhalten“, erklärte Orbán auf eine Frage von BBC.
Das mit der EU vereinbarte Moratorium läuft im nächsten Jahr aus. Schon die alte Regierung hat sich in Brüssel um eine dreijährige Verlängerung bemüht. Die EU-Kommission hat jedoch inzwischen vor dem Europäischen Gericht gegen die Beschlüsse geklagt, in denen die EU-Staaten zustimmten, dass Ungarn, Polen, Litauen und Lettland die Möglichkeit der staatlichen Subventionierung des Kaufs von Ackerland bis zum 31. Dezember 2013 verlängern. Ende vorigen Jahres wäre diese Regelung eigentlich ausgelaufen.