Als die Los Angeles Dodgers nach schier endlosen 32 Jahren wieder die Meisterschaft in der Major League Baseball bejubeln durften, war ihr Starspieler Justin Turner nicht mehr dabei.
Der 35-Jährige erfuhr noch während des sechsten Spiels der World Series beim 3:1 gegen die Tampa Bay Rays von seinem positiven Corona-Test, wurde daraufhin ausgewechselt und in Quarantäne versetzt. So fehlte Turner auf den Siegerfotos auf dem Globe Field in Arlington – es war der denkwürdige Schlusspunkt einer so noch nie erlebten Saison. Damit steht in diesem Corona-Jahr nun der dritte Meister in einer der großen US-Profiligen fest.
Erst nach dem Spiel erfuhren die Fans von dem kuriosen Vorfall durch Rob Manfred, den Chef der Major League Baseball. Turner selbst meldete sich via Twitter zu Wort: «Ich fühle mich großartig, habe überhaupt keine Symptome. Ich habe einfach jede Emotion durchlebt, die man sich vorstellen kann. Ich kann nicht glauben, dass ich nicht da draußen sein kann, um mit meinen Jungs zu feiern! Aber ich bin so stolz auf dieses Team und freue mich unglaublich für LA.»
Für die kalifornische Metropole war es trotz der angespannten Corona-Lage, der heftigen Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus und der Waldbrände zumindest in sportlicher Hinsicht ein erfolgreiches Jahr. Neben den Dodgers holten auch die Lakers vor etwas mehr als zwei Wochen in der NBA den Titel. Die Basketballer fuhren ihre Meisterschaft allerdings in einer sogenannten Blase im Walt Disney World Resort in Orlando ein. Bedeutet: Zuschauer waren dort nicht erlaubt.
Im texanischen Arlington war es anders. Die MLB war die erste der großen US-Ligen, die es gewagt hatte, ihren Meister vor Fans zu ermitteln. Immerhin 11.000 Zuschauer waren zugelassen. Bei den Spielern und Verantwortlichen kam das gut an. «Es klingt auf jeden Fall so, als wären 40.000 Menschen dabei. Jede Art von Lautstärke und Energie löst im Unterbewusstsein etwas aus. Das erzeugt Intensität. Es war erfrischend, vor den Fans spielen zu können», sagte Rays-Manager Kevin Cash. Auch wenn er das unglücklichere Ende auf seiner Seite hatte, sog er die Emotionen auf.
Im Gegensatz zu den Fans zückte er allerdings nicht sein Smartphone, als Chris Taylor bei der letzten Aktion ausholte, um den Ball in Richtung Schlagmann zu werfen. Die Zuschauer wollten den möglicherweise historischen Moment jedoch bildlich festhalten. Wenige Augenblicke später verschwand Taylor unter seinen Mitspielern.
In jenem Moment war von den kultigen Dodgers-Schutzmasken und dem Sicherheitsabstand keine Spur mehr, obwohl der infizierte Turner unmittelbar zuvor noch auf dem Feld dabei und das positive Testergebnis längst durchgesickert war. Auf den Champagner mussten die Dodgers verzichten. Dabei hatten sie ihr Finaltrauma nach zwei Endspiel-Niederlagen in den vergangenen drei Jahren endlich überwunden.
Auch diesmal wurden die Nerven auf eine harte Probe gestellt. Einmal mehr schienen die Rays ihre Stehaufmännchen-Mentalität unter Beweis stellen zu können. Ihr Jungstar Randy Arozarena baute zum einen seinen Homerun-Rekord in seiner Rookie-Saison aus und brachte Tampa Bay damit in Führung. Erst im siebten Inning drehte Los Angeles binnen weniger Minuten das Spiel.
«Dieser Sieg ist für unsere Fans. Vielen Dank Los Angeles, vielen Dank an die Dodgers-Fans überall. Es ist 32 lange Jahre her, dass wir das letzte Mal als Meister gefeiert wurden. Diese Trophäe ist für die größten Fans in der Major League Baseball», sagte Dodgers-Eigentümer Mark Walter und genoss einen Hauch von Normalität.
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