Ein Gigant: Helmut Newtons SUMO neu aufgelegt

Den Verlag Taschen gibt es seit 40 Jahren. Helmut Newton wäre 100 geworden – unsterblich ist der Buch-Gigant SUMO, der jetzt in einer neuen Edition erscheint.

Bad Boy of Photography, Erotomane, professioneller Voyeur, Provokateur, Revolutionär der Modefotografie: All das war Helmut Newton (1920-2004) – und noch so viel mehr. Im Spannungsfeld zwischen Kunst und Kommerz war der in Berlin geborene Künstler ein Grenzgänger und Grenzüberschreiter.

Am 31. Oktober wäre Helmut Newton 100 Jahre alt geworden. Und vor 21 Jahren erschien das legendäre und gewichtige Fotobuch SUMO im Verlag Taschen, das jetzt – halb so groß – als BABY SUMO neu aufgelegt wird. Das Original sollte zum teuersten Buch der Welt werden, als das SUMO-Exemplar Nummer eins, das von 100 im Buch porträtierten Prominenten signiert worden war, bei einer Versteigerung 620.000 D-Mark erzielte.

Rund 35 Kilo wog der Gigant damals, jetzt ist er leichter, aber nicht leichtgewichtiger, denn neben den Originalaufnahmen wird die Entstehungsgeschichte von SUMO zusätzlich in einem Booklet dokumentiert. Und der Altar für diese «Foto-Bibel» stammt von dem Star-Designer Philippe Starck, der Newtons Vermächtnis und Lebenswerk zu einem Gesamtkunstwerk vollendet. Das alles hat natürlich seinen Preis: Die limitierte Ausgabe von 10.000 nummerierten Exemplaren kostet 1000 Euro.

In seinen Modefotografien, die vom nackten weiblichen Körper dominiert werden, lebte Helmut Newton seinen Obsessionen, Leidenschaften, Ängste und Träume aus. «Helmut Newton ist ein Gärtner der Lüste», schrieb Hans-Michael Koetzle über den Künstler. «Mit Sicherheit der bekannteste und damit auch automatisch umstrittenste Botaniker kollektiver Triebe.»

Am nackten männlichen Körper hingegen zeigte Newton wenig Interesse. Helmut Berger, der sich an einem Kamin wärmt und sein Spiegelbild betrachtet, oder Gianni Versace hingegossen auf einem Sofa – das war es dann aber auch schon.

Zu seinen bekanntesten und auch wichtigsten Arbeiten gehören die «Big Nudes», die ein starkes Zentrum in SUMO bilden. Starke Frauen, die bei Newton für die sich wandelnde Rolle der Frau in der Gesellschaft stehen. Dominanz und Unterwerfung – in diesem Spannungsfeld sind viele Arbeiten Newtons entstanden.

Dabei lohnt unbedingt aber auch der Blick vom Zentrum zur vermeintlichen Peripherie. Weg von den artifiziellen, extrem kunstvoll komponierten und nicht selten unterkühlt wirkenden Bildern, die so häufig an Filmstills erinnern, hin zu den – auf den ersten Blick – natürlicheren Porträts, die häufig wie beiläufig wirken aber dennoch voll gestalterischer Finesse sind und den Betrachter tief berühren.

Da gibt es Begegnungen mit David Bowie in Monte-Carlo und Charlotte Rampling in Saint-Tropez. Rainer Werner Fassbinder sitzt müde mit Zigarette hinter einer Maß Bier und ein Streifen von Fotonegativen wirft einen Schatten auf das Gesicht von «Alien»-Star Sigourney Weaver. Einer der vielen großartigen Momente in einem großen Buch.

Helmut Newton, BABY SUMO, Herausgegeben und überarbeitet von June Newton, Taschen, Limitierte Ausgabe 10.000 nummerierte Exemplare, 464 Seiten, Höhe: 74 cm (mit Buchständer und Podest), BABY SUMO wird mit einem von Philippe Starck entworfenen Buchständer aus Edelstahl geliefert – einschließlich Sockel – und einem Booklet, das die Entstehungsgeschichte dokumentiert, 1000 Euro.

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