Hersteller von Warmluft-Händetrocknern fürchten wegen der Corona-Pandemie um ihr Geschäft und werfen den Behörden Regulierungswut vor.
Hintergrund ist insbesondere eine neue Corona-Arbeitsschutz-Vorgabe aus dem Sommer, wonach elektrische Händetrockner in Toiletten- und Waschräumen zur Verringerung des Infektionsrisikos nicht benutzt und stattdessen Einmalhandtücher verwendet werden sollten. Nach Ansicht der Branche gibt es dafür keine unabhängige wissenschaftliche Grundlage. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin verweist auf einen präventiven Ansatz, da das Risiko nicht abschließend geklärt sei.
«Damit zerstört man einen Industriezweig», kritisiert der Geschäftsführer des Herstellers Electrostar aus Ebersbach an der Fils, Roman Gorovoy. Der Branchenverband EHA (Electric Handdryer Association), zu dessen Initiatoren Gorovoy gehört, hat schon vor einigen Monaten unter anderem eine Social-Media-Kampagne gestartet mit dem Ziel, die Verbannung der Trockner aus Wasch- und Toilettenräumen zu stoppen. Gorovoy selbst und auch der Verband haben sich nach eigenen Angaben schriftlich an Bundes- und Landesbehörden gewandt, bisher ohne den gewünschten Erfolg. Man setze auf Dialog, behalte sich aber auch rechtliche Schritte vor, sagte Gorovoy.
Zentraler Kritikpunkt der Hersteller: Die Empfehlungen und Vorgaben beruhten allein auf Befürchtungen. Aber sie sorgten dafür, dass Händetrockner etwa in öffentlichen Toiletten oder in der Gastronomie vorsorglich abgeschaltet oder verhängt würden. «Das impliziert sofort beim Verbraucher: Händetrockner sind gefährlich», sagte Gorovoy. «Es entsteht ein enormer Wettbewerbsnachteil.» Man verkaufe mittlerweile kaum noch neue Geräte, potenzielle Auftraggeber seien verunsichert.
Electrostar macht etwa 15 Prozent seiner rund 45 Millionen Euro Umsatz mit Händetrocknern der Marke Starmix. Der Marktanteil liegt laut Gorovoy bei ebenfalls rund 15 Prozent. Etwa 25 bis 30 der insgesamt 200 Arbeitsplätze in Ebersbach hingen direkt davon ab.
Die Frage, ob elektrische Händetrockner die Verbreitung von Viren begünstigen, wurde schon lange vor Ausbruch der Corona-Pandemie diskutiert. Studien kommen mal zum einen und mal zum anderen mehr oder weniger eindeutigen Ergebnis – je nachdem auch, welche Seite sie in Auftrag gegeben oder finanziert hat. Es gibt Studien, die im Auftrag der Papierindustrie entstanden sind. Der Trockner-Hersteller Dyson zum Beispiel hat aber auch schon für sich forschen lassen.
Gorovoy und der Verband argumentieren, einen eindeutigen unabhängigen Beleg dafür, dass von Händetrocknern eine größere Gefahr ausgehe als von Papiertüchern, gebe es nicht.
«Untersuchungen zur Hygiene verschiedener Formen des Händetrocknens fallen je nach Studie unterschiedlich aus», heißt es auch von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. «Zudem wurden viele Studien durch jeweilige Interessensvertreter aus der Wirtschaft finanziell unterstützt.» Eine abschließende neutrale Bewertung sei derzeit nicht bekannt.
So nenne etwa die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Händetrockner im Zusammenhang mit Corona als Alternative zu Papiertüchern, betone aber an anderer Stelle auch, dass weitere Untersuchungen zur Verbreitung des Virus durch Aerosole notwendig seien. Auch die Hersteller berufen sich unter anderem auf die WHO und zitieren eine ältere Studie, die zu ähnlichen Schlüssen kommt. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wiederum empfiehlt, es sollten bevorzugt saubere Einmalhandtücher verwendet werden.
«Das Thema wird derzeit international noch kontrovers diskutiert», teilt die Bundesanstalt mit. «Im Sinne eines präventiven Ansatzes der staatlichen Regelungen zum Infektionsschutz wird daher der Einsatz von elektrischen Handtrocknern, die in jedem Fall eine zusätzliche Luftumwälzung in Räumen bewirken können, derzeit nicht empfohlen.»
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