Drei Tage Programm-Diskussionen – und ein bisschen Einstimmen aufs Super-Wahljahr: Die Grünen kommen am Freitag zu einem digitalen Bundesparteitag zusammen.
Aus mehr als 700 Wohn- und Arbeitszimmern würden die Delegierten zugeschaltet, hatte der Politische Bundesgeschäftsführer Michael Kellner vorab angekündigt – und «spannende Debatten» und viele Abstimmungen in Aussicht gestellt. Wenn es um Themen wie Gentechnik geht, könnte es hoch hergehen, soweit das in einer Videokonferenz eben möglich ist.
Denn nur Parteivorstand und Präsidium sind in einer Berliner Halle vor Ort, die gleichzeitig als Sendezentrale dient. Der Freitag beginnt mit einer Rede von Parteichefin Annalena Baerbock, als Gastrednerin soll unter anderem die Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja aus Belarus (Weißrussland) zu Wort kommen.
Eigentlich wollten die Grünen in Karlsruhe tagen, wo die Partei 1980 gegründet wurde. Im Jahr ihres 40-jährigen Bestehens wollen sie das vierte Grundsatzprogramm beschließen. Die Arbeit daran hatte im Frühjahr 2018 begonnen, kurz nachdem Annalena Baerbock und Robert Habeck an die Parteispitze gewählt worden waren.
Ein Grundsatzprogramm ist kein Wahlprogramm, dennoch hatten die diskussionsfreudigen Grünen mehr als 1300 Änderungsanträge eingereicht. Dabei geht es um Herzensthemen wie Klimaschutz, um Volksentscheide, Grundeinkommen, das Verhältnis zur Nato, oder eben Gentechnik – die Haltung zu neuen Methoden wie der Genschere Crispr/Cas ist auch in der Bundestagsfraktion umstritten. Die einen wünschen sich ein klareres Bekenntnis zu Forschung und Chancen der Technik, andere betonen eher die Risiken.
Auch wenn es noch nichts ums Wahlprogramm und noch weniger um den Kanzlerkandidaten oder die Kanzlerkandidatin der Grünen geht, nimmt die Partei auch schon Anlauf für das kommende Jahr mit Landtagswahlen und der Bundestagswahl im Herbst. Das ehrgeizige Ziel: Den Kampf mit der Union aufnehmen, die in Umfragen 16 bis 19 Prozentpunkte Vorsprung hat. Die Union sei ein «Scheinriese», sagte Habeck den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitag). «Der hohe Zuspruch für die Union ist der Zuspruch für die Bundeskanzlerin. Aber Frau Merkel tritt nicht nochmal an.»
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprach mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag) auch über eine mögliche Hürde für die Grünen: Die Konkurrenz durch die Klimaliste, die etwa in Baden-Württemberg zur Landtagswahl antritt, und Kritik von Klimaaktivisten, die den Grünen-Kurs für zu wenig ehrgeizig halten. «Wir Grüne machen, was möglich ist, und kämpfen um jedes Zehntelgrad», sagte Göring-Eckardt an deren Adresse. «Wir haben selbst feststellen müssen: Radikale Forderungen allein helfen nicht weiter, sie müssen auch umgesetzt werden.» Dieser Parteitag werde zeigen: «Klimabewegung und Grüne kämpfen für dieselbe Sache.»
© dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten.