Erste Proteste in Myanmar gegen Putsch

In Myanmar organisiert sich der Widerstand gegen die Militärjunta. Wenige Tage nach dem Putsch gingen erstmals Demonstranten auf die Straßen. Sie fordern die Wiedereinsetzung der Regierung von Aung San Suu Kyi. Die Befürchtung einer brutalen Reaktion der Armee wächst.

In Myanmar hat es erstmals öffentliche Proteste gegen den Militärputsch und die Festnahme der entmachteten Freiheitsikone Aung San Suu Kyi gegeben.

Die Befürchtung einer Eskalation und einer möglicherweise gewaltsamen Reaktion der Junta wächst. In der Millionenstadt Mandalay im Norden des Landes demonstrierten vor allem junge Menschen vor der Medizinischen Fakultät der Universität gegen den Staatsstreich, wie auf einem Video des Senders Mizzima TV zu sehen war.

Mit einem Megafon forderte der Anführer des Protests die Wiedereinsetzung der demokratisch gewählten Regierung. Unbestätigten Berichten zufolge wurden mindestens drei Teilnehmer festgenommen.

«Wir lehnen es ab, Befehlen des illegitimen Militärregimes Folge zu leisten, das gezeigt hat, dass es keinerlei Respekt für unsere armen Patienten hat. Wir werden nur Anweisungen unserer demokratisch gewählten Regierung befolgen», hieß es in einer Erklärung der Bewegung des zivilen Ungehorsams, die um Unterstützung aus dem Ausland bat. Der Hashtag #CivilDisobedienceMovement wurde auf Twitter bereits mehr als 1,2 Millionen Mal geteilt.

Die neue Militärführung hat inzwischen eine vorübergehende Sperre des Online-Netzwerks Facebook angeordnet, über das ihre Gegner ihren Widerstand organisiert hatten. Die Plattform trage zur Destabilisierung des Landes bei, teilte das Verkehrsministerium mit.

In der größten Stadt Yangon machten viele Bürger ihrem Ärger Luft, indem sie an Fenstern und Balkonen lautstark auf Töpfe und Pfannen schlugen. Auch Hupkonzerte auf den Straßen waren zu hören. In Myanmar sollen mittels Lärm-Protesten böse Geister vertrieben werden. Auf Fotos in sozialen Netzwerken zeigten Menschen den Dreifingergruß der Rebellen aus der Science-Fiction-Filmreihe «Die Tribute von Panem». Im vergangenen Jahr war dieses Zeichen im Nachbarland Thailand zum Symbol des Widerstands gegen die Regierung avanciert.

Drohende Massenproteste lösten die Sorge aus, dass das Militär diese – wie bereits in der Vergangenheit geschehen – gewaltsam unterdrücken könnte. Während der fast fünf Jahrzehnte dauernden Militärdiktatur hatte die Junta jeglichen Widerstand brutal niedergeschlagen. Besonders hart war das Vorgehen bei der «Safran-Revolution» von 2007, als Hunderttausende auf den Straßen demokratische Reformen gefordert hatten. Die friedlichen Demonstrationen wurden von den Militärs mit Tötungen und Folter beendet. Hunderte buddhistische Mönche und Oppositionelle kamen ins Gefängnis.

«Amnesty International» äußerte die Sorge, dass sich die Gewalt wiederholen könnte. «Wir fordern die Streitkräfte nachdrücklich auf, Zurückhaltung zu üben und die internationalen Menschenrechte und das humanitäre Recht einzuhalten», so die Menschenrechtsorganisation.

Der Erzbischof von Yangon rief in einer Botschaft dazu auf, Suu Kyi und die anderen Festgenommenen umgehend freizulassen. Kardinal Charles Maung Bo warnte gleichzeitig die Länder, die nach dem Putsch Sanktionen gegen Myanmar verhängen wollten, die historischen, wirtschaftlichen und politischen Umstände des Landes zu bedenken: «Durch Sanktionen könnte die Wirtschaft zusammenbrechen, was Millionen in die Armut stürzen würde», sagte er.

Die neue Militärführung will Suu Kyi wegen Verstößen gegen die Import-Export-Gesetze des Landes anklagen, wie am Mittwoch bekannt geworden war. Berichten zufolge sollen bei einer Hausdurchsuchung Funkgeräte in ihrem Haus gefunden worden sein. Es werde geprüft, ob diese illegal ins Land gebracht worden seien. Die Vereinten Nationen erklärten, sie hätten bislang keine direkten Informationen über den Zustand der 75-Jährigen und weiterer Gefangener. «Wir sind sehr besorgt über ihr Wohlergehen», sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric.

Der zunächst gesperrte internationale Flughafen von Yangon nahm den Betrieb unterdessen wieder auf, wie das Auswärtige Amt mitteilte. «Nach vorliegenden Informationen ist die Ausreise mit verschiedenen Fluglinien u.a. nach Seoul, Kuala Lumpur, Singapur mit Weiterflugmöglichkeiten nach Europa ab sofort wieder möglich.»

Die Norwegische Flüchtlingshilfe warnte vor den humanitären Folgen des Putsches. «Wir sind zutiefst besorgt, dass die politische Krise in Myanmar eine humanitäre Katastrophe für eine Million schutzbedürftiger Menschen bedeuten könnte, wenn Hilfsorganisationen weiter bei der Auslieferung von Hilfsgütern im Land eingeschränkt werden», sagte der Generalsekretär der Organisation, Jan Egeland.

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