Ein halbes Jahr nach der von vielen Staaten nicht anerkannten Wahl in Belarus hat Kanzlerin Angela Merkel ein Ende der Gewalt gegen die dort friedlich protestierenden Bürger gefordert.
«Wir rufen die politische Führung in Minsk auf, die Repression unverzüglich zu beenden und die politischen Gefangenen freizulassen», sagte die CDU-Politikerin am Samstag in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. Die Führung um Präsident Alexander Lukaschenko müsse endlich das Recht auf freie Meinungsäußerung respektieren.
«Deutschland und die Europäische Union werden die Verantwortlichen für die fortwährenden Menschenrechtsverletzungen in Belarus auch weiterhin zur Rechenschaft ziehen», sagte Merkel, die sich zugleich hinter die Protestierenden stellte. «Die Unerschütterlichkeit der belarussischen Demokratiebewegung beeindruckt mich tief. Das Kalkül der Machthaber scheint zu sein, dass die Welt diese mutigen Menschen schon wieder vergessen wird. Das dürfen wir nie zulassen.» Bei einer Online-Solidaritätskonferenz mit Belarus erklärte Außenminister Heiko Maas (SPD): «Der Geist der Demokratie ist aus der Flasche – und zurückstecken kann man ihn nicht.»
Belarus steckt seit der weithin als gefälscht geltenden Präsidentenwahl am 9. August in einer schweren innenpolitischen Krise. Nach 26 Jahren an der Macht hatte sich der oft als «letzter Diktator Europas» bezeichnete Lukaschenko mit 80,1 Prozent erneut zum Sieger erklären lassen. Die Demokratiebewegung des Landes sieht hingegen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja als Gewinnerin. Auch die EU erkennt Lukaschenko nicht mehr als Präsidenten an. Dieser lässt die friedlichen Proteste mit brutaler Gewalt niederschlagen.
Merkel bekräftigte, es seien keine demokratischen Wahlen gewesen. «Sie waren weder frei, noch fair, noch transparent.» Seit einem halben Jahr gingen mutige Menschen Woche für Woche auf die Straße. «Sie demonstrieren friedlich und mit bewundernswerter Ausdauer gegen den Wahlbetrug, für politische Veränderungen und einen tiefgreifenden Wandel in ihrem Land. Doch die Staatsführung von Alexander Lukaschenko hat auf die gewaltlosen Demonstrationen nur eine Antwort: Gewalt.»
Mit dem von der Bundesregierung beschlossenen «Aktionsplan Zivilgesellschaft Belarus» könnten nun verfolgte Oppositionelle und Menschen in humanitärer Notlage leichter Visa und damit Zuflucht bekommen. Deutschland wolle traumatisierten Folteropfern helfen, Stipendien auflegen und unabhängige Medien unterstützen. «Das wird die Auseinandersetzung zwischen Recht und Unterdrückung in Belarus nicht entscheiden», sagte Merkel. «Aber es zeigt den mutigen Menschen dort, dass wir an ihrer Seite stehen und ihre Stimmen hören – heute wie vor einem halben Jahr.»
Laut Maas ist der Aktionsplan mit bis zu 21 Millionen Euro ausgestattet. Der Außenminister sagte, Deutschland werde auch einen Mechanismus einrichten, um Beweise gegen diejenigen zu sammeln, die Menschenrechte verletzen. «Es wird der Tag kommen, an dem sie zur Rechenschaft gezogen werden. Es wird der Tag kommen, an dem die Menschen in Belarus in Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit leben können.» Diesen Tag werden Belarus der Energie, dem Mut und der Entschlossenheit der Demokratiebewegung zu verdanken haben.
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