Staatsanwalt fordert sechs Jahre für 17-Jährigen

Mit einem einzigen Schlag soll ein 17-Jähriger auf dem Augsburger Königsplatz einen 49-Jährigen tödlich verletzt haben. Die Staatsanwaltschaft fordert für ihn sechs Jahre Haft, die Verteidigung plädiert auf Nothilfe. Das Urteil fällt am Freitag.

Im Prozess um den tödlichen Schlag gegen einen 49-Jährigen auf dem Augsburger Königsplatz soll der 17 Jahre alte Angeklagte nach dem Willen von Staatsanwalt und Nebenklägern zu sechs Jahren Haft verurteilt werden.

Er sehe es als erwiesen an, dass der Jugendliche am Abend des Nikolaustags 2019 den tödlichen Faustschlag aus Streben nach Dominanz abgegeben habe, sagte der Staatsanwalt am Donnerstag vor der Jugendkammer des Augsburger Landgerichts. Der 49-jährige Feuerwehrmann war durch eine Hirnblutung infolge des Schlages binnen kurzer Zeit gestorben. Die Verteidigung forderte eine Bewährungsstrafe.

«Angst war es nicht, Verteidigungswille war es nicht», sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer für die Verhängung der Jugendstrafe. Als der 49-Jährige am Boden lag, habe der junge Mann gemeinsam mit zwei weiteren Jugendlichen noch einen Freund des Mannes verprügelt und schwer verletzt. «Die Lektion war, wo ist die nächste Gelegenheit?»

Eine Überwachungskamera auf dem Platz, der als Kriminalitätsschwerpunkt in Bayerns drittgrößter Stadt gilt, hatte die Gewalttaten aufgezeichnet. Den tödlichen Schlag hatte der 17-Jährige direkt zu Prozessbeginn gestanden.

Aus Sicht der Verteidigung kann man ihn aber nicht dafür bestrafen – er habe einen Freund schützen wollen, den der 49-Jährige zuvor gestoßen habe. «Für mich ist das eine Attacke», betonte einer der Verteidiger. Rechtlich sei der Faustschlag also Nothilfe gewesen. Die Bewährungsstrafe ergebe sich aus der gefährlichen Körperverletzung gegen den 50-jährigen Freund des Mannes.

Mit dem 17-Jährigen sitzen auch die beiden Männer im Alter von 18 und 20 Jahren auf der Anklagebank, die an der Attacke auf den 50-Jährigen beteiligt gewesen sein sollen. Für sie beantragte der Staatsanwalt Bewährungsstrafen gemäß Jugendstrafrecht. Der 20-Jährige, der sich selbst der Polizei gestellt hatte, sei am wenigsten involviert gewesen: Er habe zwar nachweislich einen Schlagversuch gemacht, den 50-Jährigen aber nicht getroffen.

Was dem Staatsanwalt zufolge auch nach der Hauptverhandlung bleibt, sei die quälende Frage: «Warum?» Dass sich der 17-Jährige auch in der monatelangen Untersuchungshaft nicht reflektiert mit seiner Tat auseinandergesetzt habe, zeige seine «schreiend dumme» Prahlerei vor Mithäftlingen: «Ich habe schon einen totgeschlagen.» Die Verteidigung hingegen betonte, wie sehr der Jugendliche unter der Stigmatisierung als «Feuerwehrmannmörder» leide.

Die Nebenklage schloss sich den Ausführungen des Staatsanwaltes an: Sowohl die Ehefrau und Tochter des getöteten 49-Jährigen als auch der bei der Prügelattacke schwer verletzte 50-Jährige leiden demnach noch immer massiv. In einem Schreiben der Ehefrau, welches ihre Vertreterin verlas, hieß es: «Mit seinem Tod ist auch ein Teil in mir gestorben.»

Bei dem 18-Jährigen und dem 20-Jährigen sprach sich der Vertreter des 50-jährigen Opfers aber für Haftstrafen statt Bewährungsstrafen aus: Sein Mandant leide wegen der «Gewaltorgie» noch heute unter anderem unter Lähmungserscheinungen im Gesicht.

Die Verhandlung endete mit den letzten Worten der Angeklagten. Der 17-Jährige, der zuvor geschwiegen hatte, sagte, er habe nicht gewollt, was passiert sei, und wünsche den Angehörigen viel Kraft. Auch die beiden anderen Angeklagten baten um Entschuldigung. Das Urteil soll am Freitag (10.30 Uhr) gesprochen werden.

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