Dax-Konzerne erholen sich von Corona-Schock

Die Konjunktur in Europa ist nach dem Corona-Schock im Frühjahr auf Erholungskurs. Davon profitieren auch Deutschlands Top-Konzerne. Die Aussichten trüben sich allerdings schon wieder ein.

Deutschlands Börsenschwergewichte haben trotz der Konjunkturerholung im dritten Quartal noch nicht zu alter Stärke zurückgefunden.

Zwar stiegen Umsatz und Gewinn der Dax-Konzerne gegenüber dem zweiten Vierteljahr – dem Höhepunkt der Corona-Krise, wie aus einer Auswertung des Prüfungs- und Beratungsunternehmen EY hervorgeht. Im Vergleich zum Vorjahr hinterließ die Krise aber vor allem beim Gewinn tiefe Spuren. Wegen steigender Infektionszahlen haben sich zudem die Aussichten für das Jahresende eingetrübt.

Viele Staaten in Europa haben starke Einschränkungen des öffentlichen Lebens beschlossen und damit die Wirtschaft erneut spürbar gebremst, wenn auch nicht so stark wie im Frühjahr. EY sieht die Top-Konzerne angesichts gut gefüllter Kassen aber gerüstet für ein möglicherweise schwieriges Jahresende. Demnach verfügten die Unternehmen Ende des dritten Quartals insgesamt über gut 140 Milliarden Euro an liquiden Mitteln. Die Ausstattung mit Liquidität sei nach wie vor komfortabel.

Im dritten Quartal 2020 machten die Topkonzerne einen Teil des coronabedingten Einbruchs vom Frühjahr wett. Die meisten der 30 Dax-Konzerne zeigten «klare Erholungstendenzen», sagte Hubert Barth, Vorsitzender der EY-Geschäftsführung Deutschland, am Freitag.

Der Gesamtumsatz der Top-Konzerne stieg gegenüber dem zweiten Quartal um 16 Prozent auf rund 330 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum legten die Erlöse leicht um 0,4 Prozent zu. Dabei spielten jedoch auch Zukäufe eine Rolle. So machte beispielsweise die Deutsche Telekom dank des Erwerbs des US-Konkurrenten Sprint einen Umsatzsprung.

Der operative Gewinn (Ebit) stieg in der Summe gegenüber dem Katastrophenquartal deutlich von 203 Millionen auf 14,3 Milliarden Euro. Im Vergleich zum dritten Vierteljahr 2019 brach er aber um 47 Prozent ein.

Die Auswirkungen der Krise auf die Beschäftigung halten sich EY zufolge unter dem Strich bislang in Grenzen. Weltweit beschäftigten die Dax-Konzerne zum Ende des dritten Quartals insgesamt 3,2 Millionen Menschen – 0,04 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Die Wirtschaft im Euroraum hatte sich im Sommer von dem Corona-Einbruch im Frühjahr erholt. Das Plus fiel allerdings nicht ganz so stark wie zunächst berechnet. Die Wirtschaftsleistung (BIP) lag im dritten Quartal 12,6 Prozent höher als im Vorquartal, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. In der ersten Erhebung hatte die Behörde noch ein Plus von 12,7 Prozent gemeldet.

Trotz des Rekordwachstums in den Sommermonaten hat die Konjunktur in den 19 Mitgliedsstaaten der Eurozone den Corona-Einbruch nicht vollständig wettmachen können. Die Wirtschaftsleistung lag im dritten Quartal 4,4 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor.

Inzwischen haben sich die Konjunkturaussichten wieder eingetrübt. Wegen einer zweiten Welle in der Corona-Pandemie haben viele Staaten in Europa starke Einschränkungen des öffentlichen Lebens beschlossen. «Da Europa nach wie vor der wichtigste Markt für die deutschen Top-Konzerne ist, werden auch sie mit Einbußen leben müssen», sagte EY-Manager Barth. Die Chefetagen wüssten nach den Erfahrungen mit dem großen Lockdown in Frühjahr aber besser damit umzugehen.

Die Unternehmensberatung PwC rechnet für Europa unterdessen mit «einer anhaltenden Rezession und längerfristig eingeschränktem Konsumverhalten». Die Industrie sei stark betroffen, weil Unternehmen weniger investierten. PwC erwartet, dass die Automobilbranche eine langsame oder im schlimmsten Fall in den nächsten drei Jahren gar keine Erholung verzeichnet.

Die Reise- und Tourismusbranche und der Unterhaltungssektor kämpfe weiter mit den Folgen der Corona-Maßnahmen, der Umsatz der deutschen Dienstleistungsbranche insgesamt dürfte dieses Jahr um 10 Prozent einbrechen. Die Medizintechnik- und Pharmabranche dürfte 2020 rund 6 Prozent weniger Umsatz machen und 2021 um 3 Prozent wachsen.

Der Lebensmittel-Einzelhandel sei fast stabil und dürfte auch eine der wenigen Branchen sein, die Ende 2021 mehr Wertschöpfung verzeichnen als Ende 2019. Ein klarer Gewinner sei der Onlinehandel. Auch die Telekommunikationsbranche zeige sich krisenfest: Sie dürfte der PwC-Studie zufolge dieses Jahr um 1 Prozent und nächstes Jahr um 2 Prozent zulegen.

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