Ein filmreifes Jahr: Zverev trotz Aus positiv gestimmt

Statt bei den ATP Finals um den Titel zu spielen, endet die Saison für Alexander Zverev mit einer Niederlage im letzten Gruppenspiel. Der beste deutsche Tennisspieler verabschiedet sich in den Urlaub auf die Malediven. «Mein Jahr war sehr interessant», sagt der 23-Jährige.

Mit welcher Szene er einen solchen Film beginnen und mit welcher er ihn enden lassen würde, darüber sprach Alexander Zverev nach seinem Aus bei den ATP Finals nicht mehr.

Auch den Titel ließ er offen, als er sein 2020 so zusammenfasste: «Aus meinem Jahr kann man eigentlich einen Film machen.» Der Beinahe-US-Open-Sieger lachte und verabschiedete sich mit diesen Worten für diese Saison von der Tennis-Bühne, auf der er in den vergangenen Monaten in der Tat reichlich Stoff geboten hatte. «Ich habe mehr erlebt als in den normalen Jahren, glaube ich. Was Tennis betrifft, was das Leben betrifft. Mein Jahr war sehr interessant», sagte der 23-Jährige.

Das frühe Aus beim Saisonabschluss in London würde in einem Film über dieses merkwürdige Tennis-Jahr nicht der wichtigste Aspekt sein und wäre schnell erzählt. Nur mit einem Sieg gegen Topstar Novak Djokovic wäre Zverev wie in den vergangenen beiden Jahren ins Halbfinale eingezogen. Er verpatzte den Start, steigerte sich, führte im Tiebreak des zweiten Satzes noch 2:0, gewann dann aber nur noch zwei Punkte. Damit war das dritte Gruppenspiel das letzte Match für ihn in diesem Jahr, und er zog am Freitag statt am Wochenende Bilanz.

Es gebe viel, worauf er aufbauen könne. «Es war generell ein relativ positives Jahr für mich. Ich habe viele neue Erfahrungen gesammelt. Natürlich wollte ich ein paar mehr Matches gewinnen, vor allem die wichtigen und die großen», sagte Zverev, nachdem er sich nach dem 3:6, 6:7 (4:7) auf einen Stuhl plumpsen gelassen hatte.

Körperlich dürfte der Weltranglisten-Siebte und ATP-Finals-Sieger von 2018 am Ende dieser coronabedingt verkürzten Saison nicht so erschöpft sein wie sonst. Mental und psychisch aber schon.

«Was soll ich noch sagen, ich habe alles gesagt. Es gibt nichts mehr, was ich machen kann», wiederholte Zverev zu den außer seiner Sicht «falschen Anschuldigungen»: Seine frühere Freundin Olga Scharipowa wirft ihm vor, gegen sie gewalttätig geworden sein. Die Vorwürfe wurden öffentlich, kurz nachdem bekannt geworden war, dass Zverevs Ex-Freundin Brenda Patea ein Kind von ihm erwartet.

Er wisse nicht, was passiert ist und lehne Gewalt natürlich ab, sagte Djokovic zu den Vorwürfen: «Ich hatte immer eine gute Beziehung zu ihm, netter Kerl. Ich habe großen Respekt vor ihm», sagte der 33-Jährige, dessen Adria-Tour mit rücksichtslosem Verhalten in der Corona-Krise mit zu Zverevs filmreifem Jahr gehört. Er wünsche Zverev, dass er sich bald wieder auf Tennis konzentrieren könne.

Die kurzfristig ins Programm gehobenen Turniere in Köln hatte Zverev im Oktober gewonnen und die Titel 12 und 13 seiner noch immer jungen Karriere geholt. Die Bilder, die von den sportlichen Ereignissen aus diesem Jahr hängen bleiben werden, sind aber andere: Die Umarmung mit Dominic Thiem am Ende des Dramas bei den US Open, als er in seinem ersten Grand-Slam-Finale den Titel hätte holen können, wenn nicht müssen. Und sein erstes Halbfinale bei den Australian Open, als er mit Spenden für die Opfer der Buschbrände Sympathien sammelte.

Welche drei Wünsche er denn für das nächste Jahr habe, wurde Zverev gefragt: «Drei Grand-Slam-Siege», antwortete er prompt und schob hinterher: «Dass mein Kind gesund auf die Welt kommt.» Und natürlich wolle auch er, dass die Coronavirus-Krise ende.

Die Pandemie macht genaue Pläne für den Auftakt in die neue Saison gerade unmöglich. Wann die Tennisprofis nach Australien einreisen und ob die Australian Open vom 18. bis 31. Januar wie geplant stattfinden, ist fraglich. Zverev fliegt jetzt erst einmal in den Urlaub auf die Malediven.

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