Im Streit um die deutschlandweite Erhöhung des Rundfunkbeitrags schließt Sachsen-Anhalts CDU-Chef Holger Stahlknecht ein Einlenken seiner Fraktion kategorisch aus.
«Das ist nicht verhandelbar. Die CDU wird ihre Position nicht räumen», sagte er der «Magdeburger Volksstimme» (Freitag). Das habe auch der CDU-Landesvorstand einstimmig so beschlossen. Stahlknecht begründete das Nein zu der Erhöhung auch mit dem Bild Ostdeutschlands im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Die Sender hätten den Transformationsprozess im Osten, der zu einschneidenden Umbrüchen im Leben vieler Menschen geführt habe, zu wenig abgebildet. «Die Öffentlich-Rechtlichen berichten gelegentlich nicht auf Augenhöhe, sondern mit dem erhobenen Zeigefinger der Moralisierung.» Es gehe der CDU nicht um eine Beschneidung der Pressefreiheit, sagte Stahlknecht. Es müsse aber möglich sein, die Strukturen derjenigen auf den Prüfstand zu stellen, die vom Geld der Beitragszahler leben.
SPD und Grüne werfen CDU-Chef Stahlknecht inzwischen vor, den Streit nutzen zu wollen, um Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zu stürzen. Stahlknecht hatte zuvor in einem Interview der in Magdeburg erscheinenden «Volksstimme» angekündigt, mit einer Minderheitsregierung weiterzuregieren, sollte die Koalition den Streit nicht überstehen. Das hatte Haseloff bislang ausgeschlossen.
«Jetzt besteht Klarheit», twitterte Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann mit Blick auf das Interview. Es sei der CDU nie um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gegangen, sondern um den Sturz von Haseloff und die Vorbereitung einer Minderheitsregierung mit der AfD.
SPD-Fraktionschefin Katja Pähle warf Stahlknecht vor, persönliche Ziele zu verfolgen. «Hier will jemand die Chance ergreifen, den Machtkampf in der CDU doch noch für sich zu entscheiden», sagte Pähle. «Der Versuch einer strategischen Rechtsverschiebung ist ein gezielter Dammbruch und eine offene Kampfansage an den Ministerpräsidenten.»
Stahlknecht, der auch Innenminister ist, war lange als möglicher Nachfolger von Haseloff gehandelt worden. Nach mehreren Fehltritten und Skandalen in seinem Ministerium und in der CDU hatte er dem Ministerpräsidenten bei der Spitzenkandidatur für die nächste Landtagswahl im Juni 2021 aber den Vortritt gelassen.
Derzeit stehen alle Zeichen in Magdeburg darauf, dass Sachsen-Anhalt mit einem Veto tatsächlich die Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent auf 18,36 Euro zum 1. Januar 2021 blockiert. Damit die Erhöhung in Kraft tritt, müssen alle Landesparlamente zustimmen. Bis auf Sachsen-Anhalt haben sie das bereits getan oder signalisiert, es zu tun.
Seit Tagen laufen Krisengespräche zwischen den Regierungspartnern CDU, SPD und Grünen, um doch noch ein einheitliches Votum zu erreichen. Das ist auch das Ziel von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Eine Lösung muss bis kommenden Mittwoch her, dann soll der Medienausschuss beschließen, welches Abstimmungsverhalten er dem Plenum bei der entscheidenden Sitzung Mitte Dezember empfiehlt.
Bleibt die CDU bei ihrem Nein, könnte die Koalition auch getrennt abstimmen. Die Christdemokraten haben zusammen mit der AfD, die ebenfalls ablehnen will, eine Mehrheit. Diese Option will Haseloff verhindern. Es ist nicht üblich, dass Koalitionen bei wichtigen Vorhaben uneinheitlich abstimmen. SPD und Grüne kündigten bereits an, dass sie bei einem gemeinsamen CDU-AfD-Veto keine Grundlage mehr für einen Fortbestand der seit 2016 regierenden Koalition sehen.
Die CDU in Sachsen-Anhalt betonte zuletzt immer wieder, dass sie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei, ihn aber für zu teuer und zu groß hält. Die AfD lehnt nicht nur ein Beitragsplus, sondern das Beitragssystem als Ganzes ab. Kritiker monieren, die Christdemokraten in Magdeburg würden den Rechtspopulisten mit einer gemeinsamen Abstimmung den Weg zu ebnen.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner rief die CDU-Fraktion in Magdeburg auf, sich von der AfD zu distanzieren. «Ich kann nur an die Union appellieren, sich nicht in die Nähe der AfD zu begeben», sagte Lindner der Düsseldorfer «Rheinischen Post» (Freitag). «Da geht es nicht um ein paar Cent Rundfunkbeitrag, bei der AfD geht es um Ressentiments gegen eine angebliche Lügenpresse.»
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