Das öffentliche Leben in Deutschland wird angesichts der sich ausbreitenden Corona-Pandemie schon ab dem kommenden Mittwoch (16.) drastisch heruntergefahren.
Der Einzelhandel mit Ausnahme der Geschäfte für den täglichen Bedarf muss schließen. Das teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten mit. Der seit Anfang November geltende Teil-Lockdown habe «nicht gereicht», sagte die CDU-Politikerin in Berlin. Die Verschärfung der Maßnahmen habe Auswirkungen auf die Feiertage. Aber: «Wir sind zum Handeln gezwungen und handeln jetzt auch.»
Das exponentielle Wachstum der Corona-Neuinfektionen habe eine Zeit lang gestoppt werden können, sagte Merkel. Dann habe es aber eine «Seitwärtsbewegung» gegeben, und seit einigen Tagen gebe es wieder ein exponentielles Wachstum.
«Corona ist außer Kontrolle geraten», warnte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. «Die Lage ist eigentlich 5 vor 12.» Deswegen habe man keine halben Sachen mehr machen wollen. Ab Mittwoch gelte ein «Lockdown für alle», sagte der CSU-Vorsitzende. «Die Philosophie heißt: Daheim bleiben!» Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) betonte, es seien weiter «Dinge möglich», etwa an Weihnachten. «Aber man muss auch nicht alles machen, was möglich ist.»
Von der Geschäftsschließung ausgenommen sind nach dem Beschluss von Bund und Ländern unter anderem: der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte für Lebensmittel, Direktvermarkter von Lebensmitteln, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten, Banken und Sparkassen.
Für Weihnachten sollen nach dem Beschluss die strengen Regeln für private Kontakte – maximal fünf Personen aus maximal zwei Hausständen – gelockert werden. Vom 24. bis zum 26. Dezember sind demnach zulässig: Treffen mit vier über den eigenen Hausstand hinausgehende Personen zuzüglich Kinder im Alter bis 14 Jahre aus dem engsten Familienkreis, also Ehegatten, Lebenspartner und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sowie Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Geschwisterkinder und deren jeweiligen Haushaltsangehörige, auch wenn dies mehr als zwei Hausstände oder fünf Personen über 14 Jahre bedeutet.
Ministerpräsident Söder verteidigte den harten Lockdown als alternativlos. «Corona ist eine Katastrophe, die unser Leben mehr betrifft als jede Krise, die wir in den letzten 50 Jahren zuvor hatten», sagte der CSU-Chef nach den Beratungen von Bund und Ländern. «Wenn wir nicht aufpassen, wird Deutschland schnell das Sorgenkind in ganz Europa. Deswegen mussten und müssen wir handeln», sagte Söder. Die Lage bei den Neuinfektionen sei außer Kontrolle geraten, daher müsse die Politik handeln. Daher laute das Motto ganz oder gar nicht.
Bayern werde die Maßnahmen «maximal umsetzen», betonte Söder. Der bisherige Teil-Lockdown habe eine Wirkung gehabt, letztlich habe die Medizin nicht ausgereicht. Man dürfe nicht aus Bequemlichkeit vor notwendiger Konsequenz zurückschrecken.
Auch für den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) ist der harte Lockdown ohne Alternative. «Die Zeit der Appelle ist vorbei», sagte Kretschmer der Deutschen Presse-Agentur. «Deutschland muss zur Ruhe kommen – nur so haben wir eine Chance, die Kontakte um das notwendige Maß zu reduzieren.»
Was im Frühjahr «in Teilen zu viel war, ist heute dringend geboten und wird jetzt von allen staatlichen Ebenen durchgesetzt», sagte Kretschmer. Die Gewährleistung der medizinischen Versorgung jederzeit sei nicht verhandelbar. «Gerade der Blick auf die Situation in den Krankenhäusern zeigt, wie notwendig die beschlossenen Maßnahmen sind.»
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