Strafe «verwässert»: Cas halbiert Olympia-Bann Russlands

Der Sportgerichtshof Cas hat die Olympia-Sperre Russlands wegen Manipulation von Doping-Daten von vier auf zwei Jahre verkürzt. Das Land bleibt dennoch von den Olympischen Spielen 2021 in Tokio und 2022 in Peking ausgeschlossen.

Russland hat beim Internationalen Sportgerichtshof mit der Halbierung der Olympia-Sperre auf zwei Jahre einen überraschenden Teilerfolg erstritten. In der Sportwelt löste der Richterspruch ein zwiespältiges Echo aus.

Trotz der Strafreduzierung bleibt der Kern der Sanktion bestehen: Die große Sportnation ist von den Olympischen Spielen 2021 in Tokio und den Winterspielen 2022 in Peking ausgeschlossen. Auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar darf wohl kein Team unter russischer Flagge antreten.

Unbelastete Sportler des Landes können in diesem Zeitraum bei Großereignissen aber als neutrale Athleten antreten. Dafür müssen sie gewisse Anti-Doping-Bedingungen erfüllen. Die russische Hymne darf nicht gespielt oder gesungen werden, die russische Fahne nicht auf Teamkleidung getragen oder gehisst werden. Laut den Cas-Richtern hat der Bann mit der Urteilsverkündung am Donnerstag begonnen und endet am 16. Dezember 2022.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur hatte Russland wegen der Manipulation von Doping-Daten aus dem Moskauer Labor im Dezember 2019 für vier Jahre gesperrt. Wenn der Cas die Wada-Strafe voll bestätigt hätte und der Bann mit dem Urteil in Kraft getreten wäre, hätte Russland auch bei den Spielen 2024 in Paris nicht starten dürfen.

«Wir sind enttäuscht und verärgert, dass die Sanktionen so deutlich verwässert wurden», kritisierte Maximilian Klein, zuständig für internationale Politik bei dem Sportlerbündnis Athleten Deutschland. «Das schafft kein Vertrauen in das weltweite Anti-Doping-System, dessen Glaubwürdigkeit nach dem russischen Dopingskandal und dem unerträglichen Hin und Her im Anschluss so sehr gelitten hat.» Man könne nicht nachvollziehen, wieso «so deutliche Zugeständnisse» gemacht wurden.

Der Deutsche Olympische Sportbund begrüßte die «grundsätzliche Bestätigung» der harten Sanktionen, bedauerte aber, dass angesichts der massiven, jahrelangen und staatlich organisierten Verstöße Russlands gegen das Fair Play der Wada-Forderung nicht vollumfänglich gefolgt worden sei. «Der DOSB hätte ein solches Strafmaß für angemessen gehalten», hieß es eine Mitteilung.

«Die Entscheidung des Cas über den Zeitraum der Sperre ist ein zweischneidiges Schwert», sagte Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestages. «Sperre ja, aber Halbierung: Die Begründung hierfür überzeugt mich jedoch nicht.»

Nach Ansicht der Cas-Richter würde hingegen die verhängte Zwei-Jahres-Sperre «Art und Schwere der Nichteinhaltung» der Anti-Doping-Regeln widerspiegeln, hieß es. Das Urteil sei nicht so weitreichend, wie von der Wada gefordert. «Dies sollte aber nicht als eine Bestätigung des Verhaltens der Anti-Doping-Agentur Rusada oder der russischen Behörden verstanden werden», so die Begründung.

Eine längere Sperre als zwei Jahre sei durch das geltende Recht, insbesondere durch den Welt-Anti-Doping-Code, nicht möglich. In dem Urteil seien zudem «Fragen der Verhältnismäßigkeit und die Notwendigkeit berücksichtigt worden, einen kulturellen Wandel herbeizuführen und die nächste Generation russischer Athleten zu ermutigen, an einem sauberen internationalen Sport teilzunehmen». Für die Welt-Agentur ist der Cas-Spruch Sieg und Niederlage zugleich. «Die Wada ist erfreut, diesen bahnbrechenden Fall gewonnen zu haben», sagte Wada-Präsident Witold Banka. Die Richter hätten die «dreiste und illegale Manipulation der Labordaten» bestätigt, um ein institutionalisiertes Dopingsystem zu vertuschen. Banka äußerte sich zugleich enttäuscht, dass nicht «jede einzelne unserer empfohlenen Konsequenzen» für den geforderten Vierjahres-Zeitraum bestätigt habe.» Die Wada halte sie weiterhin für «angemessen und vernünftig».

So darf sich Russland bis 2022 auch nicht für Sportgroßereignisse wie Weltmeisterschaften bewerben. Auch eine Kandidatur für die Olympischen Spiele und Paralympics 2032 ist untersagt.

Auslöser für diesen Bann war, dass Russland eingeforderte Dopingdaten aus dem Moskauer Labor aus den Jahren 2012 bis 2015 vor der Übergabe an die Wada manipuliert und gefälscht hatte. Sie enthalten Beweise für den Sportbetrug zahlreicher russischer Athleten, der mit Hilfe des Staates systematisch gelenkt, gedeckt und vertuscht wurde.

Formal hatte die Wada am 9. Dezember 2019 die russische Anti-Doping-Agentur Rusada für vier Jahre für nicht konform mit dem Welt-Anti-Doping-Code erklärt. Die Übergabe der Daten war die Bedingung für die Wiedereinsetzung im September 2018. Die Wada hatte die Rusada im November 2015 nach Aufdeckung des Doping-Skandals erstmals suspendiert.

Die Rusada würdigte das Urteil als Sieg des gesunden Menschenverstandes. Es beweise eine vernünftige Haltung gegenüber sauberen Sportlern, teilte Interimschef Michail Buchanow mit. Er bezog sich dabei vor allem auf den Punkt, dass saubere russische Sportler etwa bei Olympia antreten können: «Es wäre rechtswidrig und absolut unfair, wenn allen Fahrern ihre Rechte entzogen würden, nur weil manche von ihnen betrunken am Steuer erwischt wurden.»

Kritik kam dagegen vom Nationalen Olympischen Komitees (NOK) in Russland. «Es gibt keinen Grund für eine teilweise oder vollständige Bestrafung der Rusada und folglich auch nicht für Sanktionen gegen die Teilnehmer des Prozesses», sagte NOK-Chef Stanislaw Posdnjakow der Agentur Interfax zufolge in Moskau.

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