Drei Kabarett-Urgesteine verabschieden sich

Sketche mit «Loki und Smoky» oder «Spitz & Spitz» haben Kultcharakter: Die drei Kabarettisten Becker, Schmickler und Lyko sind die Gesichter der «Mitternachtsspitzen». Jetzt hören sie bei dem Dauerbrenner auf – aber die Sendung geht weiter.

Ein kabarettistisches Dreigestirn geht von Bord: Mit dem letzten Auftritt von Jürgen Becker (61), Wolfgang Schmickler (66) und Uwe Lyko (66) in der WDR-Sendung «Mitternachtsspitzen» endet an diesem Samstag (19. Dezember/21.45 Uhr) eine Ära.

«Es war eine super Zeit, und ich werde die „Mitternachtsspitzen“ vermissen, aber jetzt sollen mal Jüngere übernehmen», sagt Becker, Moderator der am längsten existierenden Kabarettsendung im deutschen Fernsehen.

Die erste Folge der «Mitternachtsspitzen» lief 1988, Becker und Schmickler sind seit 1992 dabei. Während Becker unter anderem regelmäßig mit einem Geweih auf dem Kopf als volkstümelnder «Heimathirsch» über Gott und die Welt schwadronierte, übernahm Schmickler die Rolle des polternden Moralapostels, der in atemberaubend rasanten Monologen politische und gesellschaftliche Entwicklungen aufs Korn nahm.

«Als wir anfingen, hatten wir eigentlich die Attitüde, dass wir gegen die Gesellschaft sind, gegen das Establishment», sagt Becker im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Doch das Erstarken der AfD und rechtspopulistischer Strömungen habe sie von dieser Haltung abgebracht: «Jetzt müssen wir die Gesellschaft und die Demokratie verteidigen.»

Natürlich könne man als Kabarettist etwa die Arbeit der Bundesregierung nach wie vor kritisch unter die Lupe nehmen, betont Schmickler. «Aber man muss immer die Politik und den Menschen, der sie macht, voneinander trennen.» Dem aggressiven Ton, der teilweise in öffentliche Debatten Einzug gehalten habe, müssten Kabarettisten etwas entgegensetzen. «Da können wir Einfluss nehmen und einen kleinen Beitrag zu einem freundlicheren Miteinander leisten.»

Lyko gehört mit seiner Paraderolle des Ruhrgebietsrentners «Herbert Knebel» ebenfalls seit mehr als 20 Jahren zur Stammbesetzung der «Mitternachtsspitzen». Die Auftritte dort seien eine größere Herausforderung, als wenn er mit seinem eigenen Programm auf Theaterbühnen stehe, sagt er. Das Publikum im Alten Wartesaal in Köln, wo die «Mitternachtsspitzen» traditionell aufgezeichnet werden, sei «bunt gemischt und dadurch schwer einschätzbar – und das Fernsehpublikum sehe ich ja nicht». Bei ihrem letzten Auftritt am Samstag müssen Lyko und seine Kollegen wegen der Corona-Pandemie allerdings vor einem leeren Saal spielen.

Für die TV-Zuschauer wird es nach WDR-Angaben zum Abschied noch einmal ein Wiedersehen mit «Loki & Smoky im Himmel» geben. Die Parodie, bei der Lyko Altbundeskanzler Helmut Schmidt und Schmickler dessen Ehefrau Loki spielt, war jahrelang eines der Highlights der «Mitternachtsspitzen». Nach dem Tod von Loki Schmidt 2010 wurde die Rubrik umbenannt in «Überschätzte Paare der Weltgeschichte», in der sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (Schmickler) Dialoge mit Prominenten wie Wladimir Putin oder Jogi Löw liefert.

Am Ende der Sendung wird Becker seine kunstvoll verknotete TV-Fernbedienung an seinen Nachfolger Christoph Sieber übergeben. Der 50-Jährige wird die «Mitternachtsspitzen» am 6. Februar 2021 zum ersten Mal moderieren.

© dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten.