Mit sogenannten „Bodenschutz-Razzien“ geht die rechtsextreme Jobbik-Partei gegen den Grundbesitz von Ausländern vor. Von der kommenden Woche an sollen diese „Razzien“ auf ganz Ungarn ausgedehnt werden, teilte der Jobbik-Parlamentsabgeordnete Zoltán Magyar am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Budapest mit. Medienberichten zufolge erklärte Magyar, bei den „Razzien“, die es zunächst in den westungarischen Komitaten gab, seien Ländereien aufgesucht und anhand von Grundbüchern nach sogenannten „Taschenverträgen“ überprüft worden.
Das Wort „Taschenvertrag“ bezeichnet Geschäfte zum Erwerb von Ackerland, bei denen es im Wesentlichen um die Umgehung gesetzlicher Hindernisse geht. Es handelt sich um eine politische, wirtschaftliche oder publizistische Kategorie, nicht um eine juristische Definition. Da es aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage Ausländern beinahe unmöglich ist, in Ungarn Ackerland zu erwerben, wurden in der Vergangenheit oft behelfsweise juristische Umwege für die Pacht oder den Kauf gefunden.
Wie der Jobbik-Politiker Zoltán Magyar erklärte, fordert seine Partei die Bevölkerung bei denn „Razzien“ zur Mithilfe auf. Gebraucht würden Informationen, die die Existenz so genannter Taschenverträge von Ausländern oder „grünen Baronen“ bestätigen. Diese Berichte würden später dem Staatssekretär für Landwirtschaft Gyula Budai übergeben.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hatte vor der Parlamentswahl im April 2010, bei der seine Partei Fidesz zu einer Zweidrittel-Mehrheit kam, dem Erwerb von Ackerland durch Ausländer eine strikte Absage erteilt. Die Zukunft des ungarischen Bodens hänge „nicht von Brüsseler Entscheidungen ab, sondern nur von uns“. Wenn seine Partei die Regierung bilde, so Orbán damals, „werden die Ausländer niemals Ackerland kaufen, wie auch immer Brüssel entscheidet“.
Nach dem EU-Beitritt hatte Ungarn für einen siebenjährigen Übergangszeitraum eine Vereinbarung mit Brüssel erzielt, wonach das gesetzliche Verbot des Landkaufs durch Ausländer oder ausländische Firmen bestehen bleibt. Ausgenommen sollten jedoch solche EU-Ausländer sein, die sich in Ungarn legitim niedergelassen und drei Jahre lang eine landwirtschaftliche Tätigkeit betrieben haben. Mit einem neuen Gesetz wurden unterdessen die Bedingungen für den Landerwerb durch Ausländer weiter verschärft.
Ende 2010 hatte die EU-Kommission dem Antrag Ungarns auf eine Verlängerung des Moratoriums zugestimmt. Der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier erklärte seinerzeit, Ungarn werde die einmalige Verlängerung für einen Übergangszeitraum von weiteren drei Jahren deshalb erlaubt, weil „wir daran glauben, dass es so imstande sein wird, sich auf die umfassende Liberalisierung vorzubereiten, durch die dann die ungarische Landwirtschaft alle Vorteile des inneren Marktes der EU genießen kann“.