Italien sucht Wege aus der Krise – Parlament lädt Conte vor

Die bisherige Mitte-Links-Regierung von Giuseppe Conte in Rom ist zerbrochen. Was kommt danach? Vieles ist ungewiss. Klar erkennbar ist die Angst mancher Politiker in Italien vor dem Votum der Bürger bei Wahlen.

In Italien beraten Politiker der großen Koalitionspartner über Lösungswege aus der Regierungskrise. Die Abgeordnetenkammer in Rom unterbrach am Donnerstag wegen der unklaren Lage ihre Sitzung.

Die Nachrichtenagentur Ansa berichtete, Kammerpräsident Roberto Fico wolle Ministerpräsident Giuseppe Conte im Namen aller Fraktionen auffordern, die Situation im Parlament zu erläutern.

Am Mittwoch hatte sich die Splitterpartei Italia Viva von Ex-Premier Matteo Renzi aus der Mitte-Links-Regierung zurückgezogen. Damit hat die Koalition keine Mehrheit mehr. Das Parlament hat zwei Kammern, Abgeordnetenhaus und Senat.

Der Chef der mitregierenden Sozialdemokraten (PD), Nicola Zingaretti, berief die Parteispitze ein. Auf Twitter sprach er von einem «Fehler von Italia Viva» zum Schaden des Landes. Die Führung der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, der Conte nahe steht, wollte ebenfalls tagen. Die Bewegung stellt seit den Wahlen von 2018 die stärkste Kraft.

Nach Renzis Auszug aus dem Bündnis ist die Zukunft des parteilosen Juristen Conte ungewiss. Spekuliert wird, dass der 56-Jährige nach neuen Mehrheiten suchen oder zurücktreten könnte. Jedoch wurde auch eine Rückkehr von Italia Viva ins Kabinett nicht ausgeschlossen.

Bei Regierungskrisen kommt dem Staatspräsidenten in Italien eine wichtige Rolle zu. Er kann vorgezogene Wahlen erwirken. Der amtierende Präsident Sergio Mattarella forderte nach Medienberichten bereits, dass es rasch stabile Verhältnisse geben müsse.

Die Mini-Partei Italia Viva hatte ihre zwei Ministerinnen im Streit um EU-Milliardenhilfen im Anti-Corona-Kampf zurückgezogen. Renzi fordert, dass Rom auch Kredite des europäischen Rettungsschirms ESM beantragen soll. Die Fünf-Sterne-Bewegung lehnt das ab.

In Italien starben seit Februar 2020 offiziell mehr 80.000 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Die Wirtschaft des Mittelmeerlandes stockt, der Schuldenberg des Staates steigt durch die Kosten der Pandemie gewaltig.

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