Noch vor einem Jahr war ein nicht bis auf den letzten Platz gefülltes Stadion bei einem Super Bowl völlig undenkbar. Noch weniger bei einem so packenden Duell wie dem von NFL-Legende Tom Brady auf der einen und Patrick Mahomes auf der anderen Seite.
Und nun? Freut sich die NFL zum Ende einer schwierigen Saison über ein zu einem Drittel gefülltes Raymond James Stadium und 22.000 Menschen auf der Tribüne, wenn in einer Woche die Tampa Bay Buccaneers gegen Titelverteidiger Kansas City Chiefs zum 55. Super Bowl der Geschichte antreten. Denn die Corona-Pandemie wütet in den USA noch immer mit voller Wucht und 22.000 Zuschauer beim wichtigsten Football-Spiel der Saison sind dabei ein bemerkenswertes Zeichen – welcher deutsche Fußballclub würde derzeit nicht jubeln über so viele Fans im Stadion?
Für die NFL sind die Zuschauer beim Super Bowl in Tampa auch ein Zeichen, dass sie trotz aller Kritik einiges geschafft hat in dieser Spielzeit. Ja, 69 Spieler haben nach Angaben der Gewerkschaft NFLPA freiwillig auf die Saison verzichtet. Ja, mehr als 260 Spieler haben sich seit dem 1. August mit dem Virus infiziert. Und ja, die Denver Broncos mussten einmal sogar ohne richtigen Quarterback auflaufen, weil keiner der Spielmacher im Kader einsatzfähig war. Nun aber trotz aller Schwierigkeiten am Ziel angekommen zu sein, wertet die NFL als Erfolg.
«Wir haben keine Beweise gesehen für Übertragungen auf dem Feld bei NFL-Spielen oder Trainings», berichtete NFL-Chefmediziner Dr. Allen Sills vor kurzem. Dies sei eine wichtige Beobachtung. Die NFL fühlt sich darin bestätigt, dass die Anti-Corona-Regeln gut und verantwortungsvoll genug waren – den Fällen, bei denen es innerhalb der Teams Infektionsherde und mitunter mehr als 20 betroffene Personen gab, lagen Regelverstöße zugrunde. So hatten die vier Quarterbacks der Broncos beispielsweise bei einer Besprechung ihre Masken nicht auf.
Ob sich Zuschauer im Laufe der Saison angesteckt haben, wurde jedoch nicht verfolgt. Die 22.000 Personen, die in der Nacht zum Montag (0.30 Uhr ProSieben/DAZN) live dabei sind, wenn erstmals in der Geschichte des Super Bowls ein Team im eigenen Stadion um die Meisterschaft spielt, sind nicht die ersten Zuschauer in einer Arena diese Saison. Sowohl die Chiefs in ihrem Arrowhead Stadium in Kansas City wie auch die Buccaneers zählten zu den Mannschaften, die Fans bei den Heimspielen zulassen konnten. Den Bestimmungen in den Bundesstaaten sei Dank. Manche Teams nutzten die Grenzwerte aus Vorsicht gar nicht komplett aus, nach Angaben der Nachrichtenagentur AP waren trotzdem mehr als eine Million Menschen in dieser Saison live im Stadion.
Für den Super Bowl hätte die NFL laut der geltenden Regeln in Florida auch deutlich mehr Menschen ins Stadion lassen können. Die Liga hält sich aber an die Empfehlungen der nationalen Gesundheitsbehörde und nimmt in Kauf, dass 2021 so wenig Menschen wie noch nie live bei einem Super Bowl in der Arena sind. Zwischen den kleinen Fangrüppchen gibt es viel Abstand, bezahlt werden kann für Snacks und Getränke nur kontaktlos und ohne Bargeld.
7500 der 22.000 Zuschauer werden Menschen aus dem amerikanischen Gesundheitswesen sein, die die NFL zu dem Spiel eingeladen hat. «Diese engagierten Arbeiter aus dem Gesundheitswesen riskieren weiterhin ihr eigenes Leben aufs Spiel, um anderen zu helfen, und wir schulden ihnen unsere anhaltende Dankbarkeit», sagte NFL-Boss Roger Goodell. Jeder Fan im Stadion soll eine KN95-Maske bekommen.
Tampas Bürgermeisterin Jane Castor hat zudem eine Maskenpflicht für die Gegend um das Stadion, Downtown und andere Touristen-Hotspots erlassen. Das traditionelle Tailgaiting mit Grillen sowie Trinken auf dem Parkplatz vor dem Stadion wie es die Amerikaner normalerweise zelebrieren, wird es also auch zum Saison-Höhepunkt nicht geben. Auch das war noch vor einem Jahr nicht vorstellbar.
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