Aufgrund von Belästigungsvorwürfen mehrerer Frauen gegen New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo fordern inzwischen auch führende Vertreter seiner eigenen Partei den Rücktritt des Demokraten.
Chuck Schumer und Kirsten Gillibrand, die New York zu zweit im US-Senat vertreten, schlossen sich am Freitagabend (Ortszeit) entsprechenden Forderungen von mehr als einem Dutzend Abgeordneten aus dem Bundesstaat im US-Repräsentantenhaus an. Cuomo lehnt einen Rücktritt weiterhin entschieden ab. «Ich wurde von den Menschen im Bundesstaat gewählt», sagte der 63-Jährige. «Ich wurde nicht von Politikern gewählt. Ich werde nicht wegen Vorwürfen zurücktreten.»
Immer mehr Frauen – die meisten davon sind frühere Mitarbeiterinnen des Gouverneurs – werfen Cuomo sexuelle Belästigungen vor. Bei den Anschuldigungen geht es um körperliche und verbale Bedrängungen. Cuomo hat sich für mögliche «Fehlinterpretationen» seines Verhaltens entschuldigt. Am Freitag betonte er aber erneut: «Ich habe nicht getan, was mir vorgeworfen wird, Punkt.» Unter wachsendem öffentlichen Druck leitete New Yorks Justizministerin Letitia James eine Untersuchung ein. Cuomo hat zugesagt, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten.
Schumer – der oberste Demokrat im US-Senat in Washington – und Gillibrand wählten in einer gemeinsamen Stellungnahme deutliche Worte: «Aufgrund der mehrfachen, glaubwürdigen Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung und Fehlverhaltens ist klar, dass Gouverneur Cuomo das Vertrauen seiner Regierungspartner und der Menschen in New York verloren hat. Gouverneur Cuomo sollte zurücktreten.» Schumer und Gillibrand lobten den Mut der Frauen, die die Vorwürfe öffentlich gemacht haben.
Die «New York Times» berichtete am Freitag, inzwischen hätten 14 der 19 Abgeordneten aus New York im US-Repräsentantenhaus den Rücktritt Cuomos gefordert. Der Vorsitzende des Justizausschusses der Kammer, Jerry Nadler, teilte mit, Cuomo habe das Vertrauen der New Yorker verloren und müsse zurücktreten. Die prominente Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez erklärte, Cuomo könne New York angesichts der vielen glaubwürdigen Vorwürfe nicht mehr effektiv führen.
Bereits am Donnerstag hatten Dutzende Demokraten im Repräsentantenhaus des Bundesstaats New York Cuomos Rücktritt gefordert. Der Vorsitzende der Kammer, der Demokrat Carl Heastie, teilte mit, gegen Cuomo würden Ermittlungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren eröffnet. Er betonte, diese Untersuchung sei unabhängig von den Ermittlungen der New Yorker Justizministerin James. Die «New York Times» berichtete, falls es zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen den Gouverneur kommen sollte, wäre es das erste dieser Art in dem Bundesstaat seit dem Jahr 1913.
Auch für die Regierung des demokratischen US-Präsidenten Joe Biden wird der Fall zunehmend zum Thema. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, antwortete am Freitag nicht direkt auf die Frage, ob Cuomo zurücktreten solle. Psaki sagte stattdessen, jede Frau, die Anschuldigungen wegen Belästigung erhebe, solle gehört und mit Respekt behandelt werden. Der US-Präsident unterstütze die Untersuchung von New Yorks Justizministerin James.
Cuomo galt zwischenzeitlich als ein Hoffnungsträger der Demokratischen Partei. In der Corona-Pandemie inszenierte er sich als Gegenentwurf zum damaligen republikanischen Präsidenten Donald Trump. Er geriet dann aber wegen nachträglich stark nach oben korrigierter Zahlen zu Todesfällen in Pflegeheimen in den Verdacht, das wahre Ausmaß des Dramas verschleiert zu haben. Dadurch stand Cumo bereits unter Druck, bevor die Belästigungsvorwürfe publik wurden, die inzwischen mindestens sieben Frauen gegen ihn erheben.
Zu diesen Frauen gehört eine Ex-Wirtschaftsberaterin Cuomos namens Lindsey Boylan. Die heute 36-Jährige beschuldigte den Gouverneur unter anderem, sie 2018 in seinem Büro in Manhattan ungefragt auf die Lippen geküsst zu haben. Boylan schrieb auf der Online-Plattform Medium: «Gouverneur Andrew Cuomo hat innerhalb seiner Verwaltung eine Kultur geschaffen, in der sexuelle Belästigung und Drangsalieren so allgegenwärtig sind, dass es nicht nur geduldet, sondern erwartet wird.» Kritiker bringe Cuomo durch Einschüchterung zum Schweigen.
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