Die besondere Atmosphäre der warmen Wasserader von Hévíz
Der Abfluss des Hévízer Sees wurde früher „Melegér“ genannt, auf Deutsch bedeutet das soviel wie warme Wasserader. Im 13. Jahrhundert kamen die Gerber hierher und gerbten die Häute. Zur Türkenzeit badeten hier die Soldaten der nahen Festung ihre müden gichtkranken Glieder. Später trieb der Bach vier Mühlen an und verschaffte den Anwohnern eine Existenz. Dann kam György Festetics I., der die „launenhaft“ gewundene, vorspringende und verschwindende „Melegér” regulierte. Er ließ die Gräben mit Büffeln säubern und baute eine Schleuse.
Aus dem Hévízer Sees fließt das warme Wasser seitdem in dieser Regulierung ab. In der „Melegér“ gibt es zahlreiche Pflanzen und Tiere. Wenn sie davon berichten könnte, würde sie sicher von den früheren Badenden erzählen, die – als späte Nachfahren der mittelalterlichen Soldaten – im 18. und 19. Jahrhundert ebenfalls ihre kranken Glieder in dem warmen Wasser badeten. Oder sich zu einem fröhlichen Picknick oder zu einem Verwandtentreffen einfanden. Sie hätte auch Zuhörer, das Ufer des Flusses – und auch das Wasser – ist auch heute voller Menschen.
Dutzende von Jungen, Alte, Kindern und Jugendlichen lassen sich am Ufer des Flusses nieder. Manche kommen her, um gesund zu werden (vielleicht halten sie das Kurbad für zu teuer oder für nicht ungebunden genug?), manche suchen einfach das Lebensgefühl, das die „Melegér“ und ihre Umgebung ausströmen, manche kommen zum Picknick und die Luft der Nachmittage und Abende ist voller scherzhafter Stimmen. Hier gibt es ein buntes Gemisch von Menschen: Ungarn, Deutsche, Zigeuner, im Sommer kommen die Obdachlosen aus Hévíz her und sie alle haben nebeneinander Platz, aus den umliegenden Hotels kommen auch die verschiedensten Typen. Nur so, zum Spaß.
Der Eigentümer das nahe gelegenen Campingplatzes freut sich jedoch nicht so sehr über die Schar Badelustiger, die vor allem am Abend seine Gäste stören. Deshalb sind hier zwei Monate lang die Hévízer Polizisten zusammen mit der Bürgerwache regelmäßig unterwegs, besondere Vorkommnisse bemerken sie nicht, das Baden verbieten sie auch nicht. Warum sollten sie das auch tun? Nur an der Schleuse steht ein Verbotsschild – das ist übrigens auch die Grenze, von hier an fließt der Fluss schon durch Keszthelyer Gebiet. Dort ist nirgends ein Schild angebracht, so dass jeder fröhlich badet. Und die kühnen Schwimmer springen auch trotz des Verbots von der Schleuse ins Wasser. Wenn ein Polizist das sieht, verbietet er es natürlich. Doch aus dem langsam vorbeirollenden Streifenwagen sieht man die Schleuse nicht, so dass die wackeren Wachen keine Ahnung haben, was am Ufer los ist. Wenn sie zu Fuß herkämen, wäre es anders. Doch wer sich ein Herz fasst und um sein Leben nicht fürchtet, soll halt springen(?)! Ein heißer Sommernachmittag. Auch ich sitze mit meiner kleinen Familie am Ufer herum.
Die Kinder würden mit dem Wasser spritzen, ich erlaube es ihnen nicht. Es reicht, wenn sie sich balgen und ich sie still beobachte. Ich fühle mich wohl. Ich ruhe mich aus, habe nichts zu tun. Ich beobachte nur die anderen. Es gibt etwas zu sehen. Hier hat sich nichts verändert, seit Jahrhunderten. Wir sind etwas anders geworden, auch die Umgebung ist anders, doch die „Melegér” fließt noch immer hier und lockt uns an mit ihrer besonderen Atmosphäre, wie schon vor Jahrhunderten. M.K.