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Papst fordert die Politik zu mehr Solidarität auf

Großer Rahmen für ein Rundschreiben: Papst Franziskus hat in der Corona-Phase eine neue Sozial-Enzyklika verfasst. Er kritisiert die aktuelle Politik scharf.

Papst Franziskus hat in einer neuen Enzyklika seine Vision von einer besseren Politik und einer solidarischen Gesellschaft nach der Corona-Pandemie vorgelegt.

Das Grundsatzdokument, das der Vatikan am Sonntag vorlegte, trägt den Namen «Fratelli tutti – Über die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft». Der Papst wendet sich darin gegen «wütende und aggressive Nationalismen».

Es ist die dritte Enzyklika des 83-jährigen katholischen Kirchenoberhaupts. Seine viel beachtete «Umwelt-Enzyklika» ist fünf Jahre alt. Er hatte die rund 150-seitige Sozial-Enzyklika am Samstag in der Pilgerstadt Assisi in Umbrien nach einer Messe unterzeichnet.

«Jahrzehntelang schien es, dass die Welt aus so vielen Kriegen und Katastrophen gelernt hätte und sich langsam auf verschiedene Formen der Integration hinbewegen würde», schrieb der Papst. Doch nun sieht er Hinweise auf Rückschritte: «Unzeitgemäße Konflikte brechen aus, die man überwunden glaubte. Verbohrte, übertriebene, wütende und aggressive Nationalismen leben wieder auf.»

Als Ziel des Rundbriefs benannte der Argentinier, er wolle «bei allen ein weltweites Streben nach Geschwisterlichkeit zum Leben erwecken». Er forderte mehr Gerechtigkeit und Ethik in der Politik und unter den Menschen. Ausdrücklich nannte er Migranten und Ältere als Gruppen, die nicht benachteiligt werden dürften. Zwischen den Religionen müsse mehr Dialog herrschen.

Der Papst verweist in der Enzyklika mehrfach auf ein Dokument von 2019 («Die Brüderlichkeit aller Menschen – Für ein friedliches Zusammenleben in der Welt»), das er neu beleben wolle. Franziskus hatte es im Februar 2019 zusammen mit dem Großimam von Kairo, Ahmed al-Tajib, in Abu Dhabi unterzeichnet. Dieser ist ein hoher islamischer Würdenträger.

Corona sieht der Papst als globale Tragödie. Sie habe jedoch das Bewusstsein geweckt, dass die Welt in einem Boot sitze. Er habe mit der Arbeit an seiner Enzyklika zwar vorher begonnen, doch die Pandemie mache manches deutlicher.

In dem Papier räumt Franziskus ein, dass seine Kirche die Sklaverei zu spät verurteilt habe. Ihn betrübe, dass die Kirche «so lange gebraucht hat, bis sie mit Nachdruck die Sklaverei und verschiedene Formen der Gewalt verurteilte», schreibt er.

Nach gut fünf Jahren Pause gibt es mit «Fratelli tutti» erstmals wieder eine Enzyklika von Franziskus. Das Rundschreiben gilt als zentrale Botschaft an die 1,3 Milliarden Katholiken weltweit und an die Kirchenoberen.

Franziskus hat seit seinem Start als Papst 2013 schon zwei andere Enzykliken verfasst: im Antrittsjahr («Lumen fidei – Licht des Glaubens») und 2015 die «Umwelt-Enzyklika» zum Klimaschutz («Laudato si – Über die Sorge für das gemeinsame Haus»).

Der 83-jährige Papst reiste für die Unterschrift am Samstag extra aus dem Vatikan in die Geburts- und Sterbestadt seines Namensgebers, des heiligen Franz von Assisi. Mit der symbolischen Geste unterstrich er den Stellenwert der Enzyklika. Es war die erste Reise des Argentiniers seit dem Beginn der Corona-Pandemie. Der Kirchenstaat hatte im März aus Vorsicht die Reisetätigkeit des Papstes gestoppt.

Der Vatikan hatte schon vor einiger Zeit angekündigt, dass die Schrift «Fratelli tutti» im Oktober erscheinen solle. Damals war der Titel provisorisch als eine Ansprache an «Alle Brüder» ins Deutsche übertragen worden. Das hatte schnell für Unmut bei Frauen in der Kirche gesorgt. Sie fühlten sich nicht einbezogen. Nun ist in der deutschen Fassung oft von «Geschwisterlichkeit» die Rede, nicht so sehr von «Brüderlichkeit». Und der Haupttitel blieb Italienisch.

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