Die Flaute am Frankfurter Flughafen hält an

Corona-Pandemie und Luftverkehr passen weiterhin nicht zusammen. Die kurze Sommererholung ist auch am Flughafen Frankfurt nicht nachhaltig. Betreiber Fraport muss Pläne strecken und die Mannschaft merklich verkleinern.

Die Corona-Krise hat den Frankfurter Flughafen weiterhin fest im Griff. Statt der erhofften langsamen Erholung sind im September die Passagierzahlen am größten deutschen Drehkreuz wieder gesunken.

Weiterhin bestehende Reisebeschränkungen und das verstärkte Pandemiegeschehen lassen auch für das restliche Jahr keine Besserung erwarten.

Gezählt wurden in dem Monat knapp 1,15 Millionen Fluggäste und damit 83 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, wie Betreiber Fraport am Dienstag berichtete. Das waren zudem rund 360.000 Passagiere weniger als im August, als der Rückgang im Jahresvergleich «nur» 78 Prozent betragen hatte. Auch die übrigen deutschen Flughäfen mit ihrem Verband ADV bestätigen den Trend: Nach einem kurzen Sommerhoch sind seit Mitte August die Passagierzahlen tendenziell rückläufig.

Der größte deutsche Flughafen läuft schon seit Monaten auf Sparflamme. Erst am Donnerstag wird auch die vierte Piste, die Startbahn West, nach fast einem halben Jahr Zwangspause wieder in Betrieb genommen. Für den weiterhin spärlichen Flugbetrieb wäre das eigentlich nicht nötig, lediglich die kürzeren Wege zur Enteisungsanlage lassen den Betrieb der «18 West» im Winterhalbjahr sinnvoll erscheinen.

20.000 statt mehr als 200.000 Passagiere zählen die Verantwortlichen nun an einem normalen Herbstferientag. Ein Passagier-Terminal ist komplett geschlossen, das größere Terminal 1 nur in Teilen belegt. Ein bisschen was los ist eigentlich nur im Übergangsgebäude zum Flughafen-Bahnhof, denn dort ist das Corona-Testzentrum zu finden. Doch selbst hier sind die Schlangen überschaubar.

Von der Pandemie sind auch die zahlreichen Shops und Gaststätten hart getroffen, die sonst gut von den Fluggästen leben. Inzwischen haben wieder rund 60 Prozent der Läden geöffnet, sagt ein Fraport-Sprecher. Im Bedarfsfall habe man sich mit den Betreibern geeinigt. Die Mieten sind ohnehin stark umsatzabhängig, so dass in der Flaute auch automatisch weniger zu zahlen ist.

Erst in den Jahren 2022/2023 dürften die Passagierzahlen einen neuen verlässlichen Basiswert erreichen, den Fraport-Chef Stefan Schulte 15 bis 20 Prozent unter dem Rekordwert aus 2019 von gut 70 Millionen verortet. Wenn bis zu 15 Millionen Menschen weniger kommen, braucht es auch weniger Personal beim Flughafenbetreiber. Zwischen 3000 und 4000 der rund 22.000 Stellen will das Unternehmen möglichst sozialverträglich abbauen und nutzt zwischenzeitlich intensiv die Möglichkeiten der Kurzarbeit.

Für die angebotenen Abfindungen haben sich bislang rund 2300 Fraport-Beschäftigte interessiert. Die tatsächliche Annahmequote steht wohl erst Ende Oktober fest, denn auch das Unternehmen muss im Sinne der «doppelten Freiwilligkeit» schauen, wen man mit einem finanziellen Anreiz ziehen lässt. Allzu golden fällt der Handschlag Gewerkschaftern zufolge ohnehin nicht aus, denn mit einer Quote zwischen 0,75 und 1,0 Brutto-Gehältern pro Beschäftigungsjahr kommen zumindest keine Riesensummen zusammen.

Für ältere Beschäftigte einschließlich des Jahrgangs 1963 könnten Altersteilzeit und Vorruhestand attraktiver sein, doch in diesem Programm könnten die verfügbaren Mittel knapp werden, heißt es in Unternehmenskreisen. Die Fristen für diesen Teil des Personalabbaus laufen bis zum Jahresende. Der Betriebsrat bereitet sich bereits auf die Aushandlung von Interessensausgleich und Sozialplan bei anstehenden Entlassungen vor.

Ungeachtet des Corona-Schocks läuft der Ausbau des größten deutschen Flughafens nur sanft gebremst weiter. Das dritte Passagier-Terminal im Süden des Geländes entspricht mit einer zusätzlichen Jahreskapazität von rund 25 Millionen Passagieren gestandenen Flughäfen wie Düsseldorf oder Berlin-Tegel. Es soll nun 2025 und damit ein gutes Jahr später als zunächst geplant ans Netz gehen. Frühestens muss man wohl dazusagen, denn Fraport will darüber «nachfrage-orientiert» entscheiden.

Diese Nachfrage fällt beim teilverstaatlichten Großkunden Lufthansa auf Sicht sehr gering aus. Der Kranich fliegt zu guten Zeiten rund zwei Drittel des Verkehrs in Frankfurt, lässt aber im Moment wegen der fehlenden Interkont-Flüge zahlreiche Jets am Boden. Lufthansa-Chef Carsten Spohr klagt zudem weiterhin über die hohen Gebühren am Main und hatte schon vor der Krise Verkehr nach München, Zürich und Wien umgelenkt. Dennoch haben die beiden Unternehmen ein Gemeinschaftsunternehmen namens «FraAlliance» gegründet, mit dem gemeinsam neue Umsatzquellen erschlossen werden sollen.

Um die Durststrecke zu überstehen, hat sich Fraport, mehrheitlich im Besitz des Landes Hessen und der Stadt Frankfurt, im ersten Halbjahr 1,3 Milliarden Euro zusätzliche Finanzmittel besorgt und mit einer neuen Anleihe im Juli weitere 800 Millionen Euro hereingeholt. Damit sei die Liquidität mindestens bis zum Ende des Jahres 2021 abgesichert, sagt Schulte. Über weitere Staatshilfen wird auf dem anstehenden Luftverkehrsgipfel Anfang November gesprochen.

© dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten.