Personell gebeutelt, körperlich geschlaucht: Zwischen zwei Europa-League-Spielen hat Bayer Leverkusen die große Chance verpasst, sich zum Bayern-Jäger Nummer eins aufzuschwingen.
Nach zuvor fünf Siegen in Folge gab die Werkself beim ereignisarmen 0:0 am 9. Spieltag gegen Hertha BSC wieder Punkte ab, bleibt aber ungeschlagen und Dritter in der Fußball-Bundesliga. Nach der überraschenden 1:2-Heimniederlage von Borussia Dortmund am Samstag gegen den 1. FC Köln hätte Leverkusen mit einem Sieg Rang zwei mit einem Punkt Rückstand auf den FC Bayern München erobern können.
Allerdings musste Bayer-Trainer Peter Bosz am Sonntag insgesamt neun namhafte Profis ersetzen. Gleich drei von ihnen meldeten sich kurzfristig am Spieltag ab. «Wir hatten ja heute noch den einen oder anderen Ausfall kurzfristig von Donnerstag, so dass wir jetzt auch von der Bank nicht mehr wirklich nachlegen konnten», sagte Sportdirektor Simon Rolfes. Und er fügte an: «Und das merkt man in den intensiven Wochen, die wir hatten, dass dann vielleicht das letzte bisschen zum Tor fehlt.»
Am vorigen Donnerstag hatte Leverkusen in der Europa League mit 4:1 gegen Hapoel Be’er Sheva gespielt, am kommenden Donnerstag muss bei Bayer bei OGC Nizza antreten.
Die Hertha belegt eine Woche vor dem Derby mit dem aktuell enteilten Stadtrivalen 1. FC Union mit acht Punkten weiter einen enttäuschenden 13. Rang, bewies aber zumindest wieder ihre Auswärtsstärke. Sieben ihrer acht Punkte holte die «Alte Dame» in der Fremde. «Das war sehr wichtig, mal wieder zu Null zu spielen. Ansonsten nach vorn waren wir nicht durchschlagskräftig, haben nicht unser bestes Spiel gemacht. Aber dennoch einen Punkt hier in Leverkusen mitzunehmen – Leverkusen hat es in den letzten Wochen sehr gut gemacht -, das ist okay», befand Herthas Sportdirektor Arne Friedrich.
Bosz hatten vor dem Spiel gleich mehrere schlechte Nachrichten erreicht. Lucas Alario (Knieprobleme), Karim Bellarabi (Oberschenkelprobleme) und Nadiem Amiri (krank) fielen kurzfristig aus. Dass Sven Bender (Sprunggelenkprobleme), Edmond Tapsoba (Trainingsrückstand nach positivem Corona-Test) sowie die Langzeitverletzten Santiago Arias, Ezequiel Palacios, Paulinho und Charles Aranguiz ausfallen würde, war schon vorher klar. Eine namhafte Startelf bekam Bayer zwar zustande, aber auf der Bank saßen nur vier Feldspieler, drei Kaderplätze blieben frei.
Hertha-Coach Bruno Labbadia, der in Leverkusen 2008 den Sprung zum Bundesliga-Trainer geschafft hatte, aber nur ein Jahr bleiben durfte, vertraute an alter Wirkungsstätte derweil derselben Elf wie in der Vorwoche. Diese hatte zwar mit 2:5 gegen Borussia Dortmund verloren, war aber augenscheinlich um Wiedergutmachung bemüht. Die Berliner machten in den ersten 20 Minuten des mäßigen und wenig unterhaltsamen Spiels bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt den etwas besseren Eindruck. Die Gäste waren gut organisiert, im Offensivspiel aber ebenfalls harmlos. Die erste nennenswerte Torchance hatte aber Bayer, als Kerem Demirbay nach einem Ballverlust von Niklas Stark aus fast 30 Metern einfach draufhielt und Hertha-Torhüter Alexander Schwolow zu einer guten Parade zwang (33.).
Nach dem Wechsel übernahmen die Gastgeber noch mehr das Kommando. Die Hertha stand nun zu tief und verteidigte fast nur noch. Das allerdings weiterhin sehr solide. Es brauchte schon Freistöße für die Gastgeber, um erneut durch Demirbay wenigstens halbwegs gefährlich zu werden (55./67.). Die Hertha war bei den sich ergebenden Kontergelegenheiten unkonzentriert und blieb somit fast die gesamte zweite Halbzeit ohne echte Offensiv-Aktion. Bezeichnend: In der 70. Minute wechselte Labbadia beide Stürmer aus. In der Nachspielzeit verpasste Leverkusens Lars Bender mit einem Kopfball nach einem Freistoß knapp das Berliner Tor.
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