Manuel Baum brauchte in seiner alten Heimat sehr lange, um seine Emotionen zu ordnen. An einem bitteren Tag brach wieder einmal alles über dem FC Schalke 04 zusammen.
Als ob der heftige Zusammenprall von Mark Uth – Schalkes bester Spieler musste nach bangen Momenten mit einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus – nicht schon schockierend genug gewesen wäre für die Königsblauen, wurde ihnen durch den Last-Minute-Treffer von Augsburgs Marco Richter zum 2:2 (0:1) noch der so dringend benötigte Sieg in der Fußball-Bundesliga trotz Überzahl entrissen.
Doch der sportliche Niederschlag war für S04-Trainer Baum dieses Mal nachrangig, seine Gedanken waren bei Uth. «Das möchte man nicht miterleben. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Man betet nur, dass man aus der Situation gut rauskommt. Er war Blut verschmiert», sagte Baum und fügte hinzu: «Wir wollten für ihn die drei Punkte holen. Es ist uns nicht gelungen.»
Stattdessen blieb seine Mannschaft nach dem bitteren Ausgleich auch im 27. Anlauf in der Liga ohne Sieg. So rückt der Negativrekord von Tasmania Berlin mit 31 Spielen ohne Erfolgserlebnis für den Tabellenletzten noch näher. Aber Baum glaubt, dass der Knoten bald platzt. «Wir kommen immer näher ran. Wir werden auf keinen Fall aufgeben und in den nächsten zwei Spielen wieder alles reinhauen.»
Die Geschehnisse um Uth hatten aber das Sportliche in den Hintergrund gedrängt. «Wahnsinn. Damit muss man erstmal klarkommen», sagte Schalkes Teammanager Sascha Riether beim TV-Sender Sky und sprach mit Blick auf den Zusammenprall von einem «richtig heiklen Moment».
Der Ex-Nationalspieler prallte nach einem Luftduell mit Gegenspieler Felix Uduokhai mit dem Kopf auf den Rasen und blieb regungslos liegen. Der 29-Jährige musste minutenlang behandelt werden, mehrere Ärzte und Sanitäter kümmerten sich auf dem Platz um Uth. Sein Hals wurde stabilisiert, eine Infusion gelegt, ehe er mit der Trage abtransportiert werden konnte.
«Er muss noch eine Nacht im Krankenhaus bleiben. Es war dramatisch, wir wussten nicht was ist», erklärte Riether und bestätigte, dass Schiedsrichter Manuel Gräfe bei den Schalkern nachgefragt habe, ob sie weiterspielen wollten und könnten. Riether dazu: «Die Mannschaft wollte das Spiel für Mark bestreiten.» Damit hatte FCA-Coach Heiko Herrlich «nicht mehr gerechnet».
Und die Schalker wollten ihrem Stürmerstar einen Sieg schenken. Fast wäre es gelungen. Benito Raman (52. Minute) und in Überzahl Nassim Boujellab (61.) wendeten zwischenzeitlich mit ihren Toren ein verbissen geführtes Kampfspiel für die Gäste. Doch es sollte nicht reichen. Richter traf in der dritten Minute der Nachspielzeit per Kopf nach Flanke von Michael Gregoritsch.
Der FCA, der durch ein Eigentor von Suat Serdar zur Pause geführt hatte, liegt dank des späten Ausgleichs auf dem zehnten Tabellenplatz. Dabei spielten die Gastgeber nach der Gelb-Roten Karte für Torjäger Florian Niederlechner (54.) lange in Unterzahl.
Für Baum war die Rückkehr nach Augsburg ohnehin ein emotional extremer Tag. Das Spiel gegen seinen Ex-Club, bei dem er 2019 entlassen worden war, war natürlich «ein besonderes» für den 41-Jährigen. Und es begann ernüchternd. Nach dem Uth-Aus folgte gleich der sportliche Rückschlag. Einen Freistoß, den der Ex-Schalker Daniel Caligiuri von der linken Seitenlinie in den Strafraum schlug, verlängerte Nationalspieler Serdar mit den Haarspitzen ins eigene Tor.
Auf dem Platz ging es in den Zweikämpfen häufig überhart zu. Uduokhai knallte noch einmal in der Luft mit dem Kopf von Boujellab zusammen. Der Schalker konnte nach einer Behandlung mit einem blauen Turban weiterspielen.
Als Niederlechner Gegenspieler Salif Sané nach einem Kopfballduell mit der Hand leicht im Gesicht traf, zog Gräfe Gelb-Rot gegen den Torjäger des FCA. Eine überharte Entscheidung und eine Schlüsselszene. Zuvor hatte Raman einen Fehlpass von Carlos Gruezo zum Alleingang Richtung 1:1 ausgenützt. Mit Elf gegen Zehn schlug Schalke dann erneut zu. Serdar bediente Boujellab im Strafraum – und der Marokkaner erzielte sein erstes Saisontor. Doch die Gastgeber steckten nicht auf. Eine Augsburger Großchance zum 2:2 vergab Rani Khedira. Dann traf Richter.
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