Den Zuhörern stockt der Atem als der Staatsanwalt im Landgericht Halle die Anklage vorträgt: Ein 30 Jahre alter Mann hat nach Überzeugung der Ermittler mehrfach aus einer sadistischen Grundeinstellung heraus und sexuellen Motiven einen wehrlosen Zweijährigen gequält, missbraucht, erniedrigt und misshandelt.
Der Angeklagte habe mit äußerster Brutalität auf den Jungen eingeschlagen und -getreten, sagte Staatsanwalt Hendrik Weber am Montag. Um die Straftaten zu verdecken, habe er Tim getötet. Anschließend habe er den Jungen in sein Kinderbett gelegt.
Der Junge wurde im Sommer in der Wohnung der Mutter in Querfurt im Süden Sachsen-Anhalts tot aufgefunden. Die Alleinerziehende war die damalige Lebensgefährtin des Mannes. Der 30-Jährige ist wegen schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes, Körperverletzung und Mordes angeklagt. Der 36 Jahre alten Mutter von Tim wirft die Staatsanwaltschaft Misshandlung von Schutzbefohlenen und fahrlässige Tötung vor. Um die partnerschaftsähnliche Lebensgemeinschaft nicht zu gefährden, habe sie ihr Kind nicht beschützt und Tim nicht geholfen, obwohl ihr das jederzeit möglich gewesen wäre, sagte der Staatsanwalt. Die angeklagte Frau weinte im Gericht, der Mann zeigte keine Regung.
Laut den Ermittlungen hat die Alleinerziehende, die zwei weitere Kinder hat, keine externe Hilfe in Anspruch genommen. Die erheblichen Verletzungen von Tim seien für sie sichtbar gewesen, sagte der Staatsanwalt. Ein Polizist aus Halle, der am 11. Juli dieses Jahres in der Wohnung der Frau war, sagte aus, das Kind habe tot im Wohnzimmer gelegen. Der Mann habe offensichtlich im Zimmer der älteren Tochter der Frau geschlafen. Das Mädchen sei nicht da gewesen.
Beide Angeklagte, die in Hand- und Fußfesseln ins Gericht gebracht wurden, schwiegen zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Die Verteidiger kündigten an, dass sich die beiden Deutschen später äußern wollen, entweder selbst oder per Rechtsanwalt. Der Tod von Tim hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt. In der Kleinstadt im Saalekreis gab es Gedenkveranstaltungen für den Jungen. Es gab Kritik an der Arbeit des Jugendamtes. Die Behörde wies diese zurück.
Das Gericht schloss am ersten Verhandlungstag die Öffentlichkeit aus, als es um beschlagnahmte Bild- und Tonaufnahmen vom Missbrauch des Kindes auf dem Handy des Angeklagten ging. Das Gericht hat bis Anfang Februar Termine anberaumt, 23 Zeugen und zwei Sachverständige sollen befragt werden. Die Angeklagten befinden sich in Untersuchungshaft. Der Prozess wird am 29. Dezember fortgesetzt.
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