Angehörige von Kundus-Opfern scheitern in Karlsruhe

Beim Bombardement zweier Tanklaster in Afghanistan starben 2009 viele Zivilisten. Befohlen hatte den Angriff ein Bundeswehr-Oberst. Aber die Hinterbliebenen kämpfen weiter vergeblich um Schadenersatz.

Mehr als elf Jahre nach dem verheerenden Luftangriff im afghanischen Kundus sind Hinterbliebene von Opfern mit einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe gescheitert.

Sie hatten in Deutschland vergeblich auf Schadenersatz und Schmerzensgeld geklagt. Diese Entscheidungen der Zivilgerichte seien im Ergebnis verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, teilte das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch mit. (Az. 2 BvR 477/17)

Bei dem Angriff auf zwei von den Taliban gekaperte Tanklaster durch US-amerikanische Kampfflugzeuge in der Nacht zum 4. September 2009 waren etwa 100 Menschen ums Leben gekommen, darunter zahlreiche Zivilisten. Den Bombenabwurf befohlen hatte der deutsche Bundeswehr-Oberst Georg Klein. Ein Informant hatte ihm zuvor mehrfach bestätigt, dass sich dort nur Aufständische aufhalten würden.

Geklagt hatten ein afghanischer Familienvater, der bei dem Bombardement zwei seiner Söhne verlor, und eine Frau, deren Ehemann starb. Sie wollten dafür die Bundesrepublik haftbar machen. Ihre Klagen waren aber in allen Instanzen abgewiesen worden, zuletzt 2016 durch die obersten Zivilrichter des Bundesgerichtshofs (BGH).

Diese hätten damals nachvollziehbar entschieden, dass Oberst Klein keine Amtspflichten verletzt habe, teilte nun das Verfassungsgericht mit. Das Völkerrecht kenne auch keine unmittelbaren Ansprüche einzelner Geschädigter gegen einen fremden Staat.

Anders als der BGH hält das Verfassungsgericht aber generell Amtshaftungsansprüche wegen Auslandseinsätzen der Bundeswehr für möglich. Das ergebe sich aus der grundsätzlichen Bindung aller deutschen Staatsgewalt an die Grundrechte und sei heute auch allgemeiner Rechtsgrundsatz im europäischen Rechtsraum.

Der Luftangriff von Kundus beschäftigt derzeit auch den Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg. Dort geht es um die Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen gegen Oberst Klein, die das Bundesverfassungsgericht 2015 gebilligt hatte. Eine Anhörung fand Ende Februar statt. Eine Entscheidung ist nach Auskunft eines Gerichtssprechers erst im kommenden Jahr zu erwarten.

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