Touchdown: Deutscher St. Brown schreibt NFL-Geschichte

Der Sieg von Green Bay gegen Tennessee ist eigentlich nichts für die Football-Geschichtsbücher. Equanimeous St. Brown gelingt trotzdem ein besonderes Kunststück. Für den Deutsch-Amerikaner ist es das Ende einer langen Wartezeit.

Equanimeous St. Brown wollte am liebsten die ganze Welt umarmen. Der 24-Jährige stellte sich auf die Zehenspitzen, breitete seine Arme in der Endzone des legendären Lambeau Fields aus und genoss seinen ersten NFL-Touchdown.

Sekunden zuvor hatte «EQ» im wilden Schneetreiben von Green Bay einen Pass von Packers-Quarterback Aaron Rodgers aus 28 Yards gefangen und war damit der erst dritte Deutsche, dem ein Touchdown in der bedeutendsten Football-Liga der Welt gelungen war. Zuvor hatten dies Markus Kuhn und Jakob Johnson geschafft.

Mit seinen Punkten hatte der Deutsch-Amerikaner gegen die Tennessee Titans auf 12:0 erhöht. Den letztlich klaren 40:14-Erfolg der ohnehin schon für die Playoffs qualifizierten Packers feierte St. Brown mit einer digitalen Ballerei. «Warzone (Kriegsgebiet) nach dem Sieg», twitterte der Passempfänger und zeigte sich einige Sekunden live beim Videospiel «Call of Duty».

In Zeiten von Corona ist eine Party mit den Teamkollegen schlicht nicht drin. Die hätte es womöglich gegeben, denn St. Brown musste sich lange gedulden. «Ich warte jetzt seit drei Jahren auf einen Touchdown, seit dem College. Normalerweise habe ich viele Touchdowns gehabt, das ist das, was du als Receiver machst», sagte St. Brown kürzlich der Deutschen Presse-Agentur. «Man fängt Bälle, hat eine gute Aktion und erzielt Touchdowns. Meine Zeit muss bald kommen.»

Sie kam kurz nach Weihnachten und war die Krönung seiner Comeback-Saison – die vergangene Spielzeit hatte er wegen einer Knöchelverletzung verpasst. Zudem war es ein riesiges Erfolgserlebnis für die Familie des Football-Profis. St. Brown hat eine deutsche Mutter aus der Nähe von Leverkusen und einen amerikanischen Vater. Mit 24 Jahren ist Equanimeous der älteste der drei St.-Brown-Brüder.

Osiris (22) ist an der Stanford University aktiv, Amon-Ra (21) spielt für die USC Trojans. Ob beide nach den wirren Monaten mit viel weniger Spielen als sonst den Schritt in die NFL schon bei der nächsten Gelegenheit im Frühsommer wagen, ist offen. Aber mittelfristig ist der älteste der drei zuversichtlich: «Ich glaube, dass es eine große Chance gibt, dass wir alle drei in der NFL spielen. Ich hoffe, das passiert.»

Neben dem in Deutschland lebenden Teil der Familie sollten sich also auch die Football-Fans an die außergewöhnlichen Namen der drei Brüder gewöhnen, die alle Papa John ausgewählt hat. Mama Miriam beschrieb die Reaktion ihrer Verwandten auf die Namen in einer ZDF-Dokumentation mal als «ein Schock».

Der von John St. Brown vorgegebene Weg mit Hanteltraining in der Garage in Kalifornien und vielen Proteinen im Essen zahlt sich aus. Hinter Superstar Davante Adams sowie Allen Lazard und Marquez Valdes-Scantling ist St. Brown zwar nur die Nummer vier in der Passempfänger-Hierarchie. Sein Ansehen in der Mannschaft ist aber gut – auch beim wichtigsten Profi der Packers: Quarterback Rodgers. «Er wirft dir nur den Ball zu, wenn er dir vertraut. Er hat einen sehr großen Einfluss darauf, wer spielt, und ich glaube, er vertraut mir», sagte St. Brown.

Auch Trainer Matt LaFleur ist allem Anschein nach zufrieden mit seiner Nummer 19. «Er ist ein echt intelligenter Kerl», lobte er zuletzt. «Wir können ihn bewegen und an mehreren Stellen spielen lassen.» Dass St. Brown dabei häufig auch Drecksarbeit verrichten und für die Kollegen blocken muss, ist Teil des Geschäfts.

Wie das funktioniert, weiß St. Brown seit inzwischen drei Spielzeiten. Dass er nun in dieser ungewohnten Corona-Saison nach der Verletzung wieder voll am Start ist, bringt ihm ebenfalls Respekt ein. «Er hat einen weiten Weg hinter sich», sagte sein Freund und Kollege Adams zuletzt. Und mit dem Touchdown hat St. Brown einen Meilenstein erreicht.

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