Inmitten von Protesten von Anhängern des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump vor dem Kapitol in Washington haben die beiden Kammern des Kongresses ihre Sitzungen am Mittwoch überraschend unterbrochen.
Zudem verhängt die Bürgermeisterin der Stadt, Muriel Bowser, wegen der Proteste im Herzen der US-Hauptstadt eine Ausgangssperre. Sie trete am Mittwoch um 18.00 Uhr (Ortszeit/Mitternacht MEZ) in Kraft und ende am Donnerstagmorgen um 6.00 Uhr (12.00 Uhr MEZ), teilte Bowser mit.
Das US-Repräsentantenhaus und der Senat waren zu einer gemeinsamen Sitzung zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der US-Präsidentschaftswahl offiziell zu bestätigen. Dies ist üblicherweise eine Formalie im Nach-Wahl-Prozedere der Vereinigten Staaten. Diverse Republikaner aus beiden Kongresskammern haben jedoch angekündigt, Einspruch gegen die Resultate aus mehreren US-Bundesstaaten einzulegen – angetrieben durch unbelegte Betrugsbehauptungen des amtierenden Präsidenten Donald Trump.
Damit können sie erzwingen, dass sich beide Kammern jeweils zu getrennten Sitzungen zurückziehen müssen, um die Einwände zu debattieren und am Ende abzustimmen, ob sie diesen folgen oder nicht. Dies dürfte die Abläufe erheblich verzögern und dafür sorgen, dass sich die Sitzung bis in den Donnerstag zieht.
Aussicht auf Erfolg hat die Störaktion nicht. Beide Kongresskammern müssten einem Einspruch zustimmen, was angesichts der Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus als ausgeschlossen gilt.
Trump hatte in einer Rede seine Anhänger dazu aufgerufen, zum Kapitol zu ziehen, das den Senat und das Abgeordnetenhaus beherbergt. Er forderte Zehntausende anwesende Unterstützer dazu auf, sich den «Diebstahl» der Wahl nicht gefallen zu lassen.
Der «Washington Post» zufolge waren Angehörige von rechten Gruppen unter den Demonstranten, die die Menge weiter aufstachelten. Mindestens zwei zum Parlamentskomplex gehörende Gebäude in der Nähe waren demnach evakuiert worden.
Der Republikaner hatte die Präsidentschaftswahl Anfang November mit deutlichem Abstand gegen seinen demokratischen Herausforderer Biden verloren. Trump weigert sich aber, seine Niederlage einzugestehen. Er behauptet, er sei durch massiven Betrug um den Sieg gebracht worden. Weder Trump noch seine Anwälte legten stichhaltige Beweise dafür vor. Dutzende Klagen des Trump-Lagers wurden bislang von Gerichten abgeschmettert, auch vom Obersten US-Gericht.
Die Wahlleute aus den Bundesstaaten haben Bidens Sieg bestätigt. Der Demokrat kam auf 306 der 538 Stimmen – 36 mehr als erforderlich. Für Trump stimmten 232 Wahlleute. Die Resultate aus den US-Staaten werden bei der Kongresssitzung verlesen und gezählt. Am Ende wird das Endresultat verkündet. Dann ist amtlich, wer die Wahl gewonnen hat.
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