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Russische Einsatzkräfte gehen gegen Nawalny-Anhänger vor

Die internationalen Forderungen an Russland, die Gewalt gegen Andersdenkende zu beenden, prallen an den Kremlmauern ab. Zwar gab es am Wochenende keine Massenproteste. Trotzdem geht die Polizei weiter gegen Unterstützer des inhaftierten Kremlgegners Nawalny vor.

Russische Einsatzkräfte sind nach den Massenprotesten gegen die Inhaftierung des Kremlgegners Alexej Nawalny erneut gewaltsam gegen regierungskritische Aktivisten vorgegangen.

In St. Petersburg und in der Pazifik-Metropole Wladiwostok gab es mehrere Festnahmen und massenhafte Hausdurchsuchungen, wie in mehreren unabhängigen Portalen im Internetkanal Telegram zu lesen und auf Fotos und Videos zu sehen war.

Allein in St. Petersburg gab es 30 Einsätze, wie die Polizei mitteilte. Aber auch in Nowosibirsk und anderen Städten wurden Unterstützer Nawalnys unter anderem bei Mahnwachen festgenommen, wie das Menschenrechtsportal ovdinfo.org am Sonntag berichtete.

In St. Petersburg waren viele Straßen am Samstag über Stunden mit Absperrgittern abgeriegelt. Die Lage ähnele einer Stadt im Ausnahmezustand, die sich auf einen Überfall vorbereite, berichtete das örtliche Nachrichtenportal fontanka.ru. Es standen Hunderte Polizisten sowie Spezialtechnik bereit. Der Grund für das ungewöhnlich starke Sicherheitsaufgebot sei unklar, hieß es.

Betroffen war auch die Prachtstraße Newski Prospekt. Medien kritisierten, dass niemand bei der Stadt, den Sicherheitsbehörden oder beim Gouverneur die Verantwortung für die Sperrungen übernehmen wollte. Der Petersburger Abgeordnete Boris Wischnewski erstattete Anzeige wegen grundloser Behinderung des öffentlichen Lebens.

Zwar hatte es zuletzt auch in St. Petersburg, der Heimatstadt Putins, Demonstrationen für die Freilassung Nawalnys gegeben. Das Team des Oppositionellen erklärte allerdings auch angesichts der mehr als 10 000 Festnahmen der vergangenen Tage und wegen überfüllter Gefängnisse, vorerst auf Proteste zu verzichten. «Bleibt frei!», hatte Nawalny bei Instagram mitteilen lassen.

Für Entsetzen sorgte der Fall eines stummen Mannes, der an Protesten in St. Petersburg teilgenommen und Parolen geschrien haben soll. Ein Gericht habe den Schwerbehinderten, der auch kaum hören könne, nach seiner vorübergehenden Festnahme zu einer Geldstrafe verurteilt, berichtete das Menschenrechtsportal Apologija Protesta.

Vielerorts beschlagnahmten die Beamten bei den Razzien Technik und Mobiltelefone. Anwälte kritisierten, dass sich die maskierten Einsatzkräfte teils weder vorgestellt noch etwas zu den Vorwürfen gesagt hätten. In Wladiwostok im äußersten Osten des Landes wurde der Journalist Gennadi Schulga bei sich zuhause festgenommen – und vor einem Fressnapf für Haustiere mit dem Kopf auf den Boden gedrückt. Die Polizei veröffentlichte das Video ohne Zustimmung Schulgas – als Abschreckung für Andersdenkende im Land, wie Kommentatoren meinten.

Das russische Staatsfernsehen reagierte auf einen viel diskutierten Folterverdacht. Die Aktivistin Aljona Katajewa hatte unter Tränen im unabhängigen Internet-TV-Kanal Doschd erzählt, sie sei nach ihrer Festnahme am 2. Februar nachts in einer Polizeistation getreten und mit einem Elektroschocker bedroht worden. Als ihr eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt worden sei, habe sie den Zugangscode zu ihren Kontakten und Nachrichten auf dem Smartphone herausgegeben. In seiner TV-Talkshow ließ der Kremlpropagandist Wladimir Solowjow nun unwidersprochen verbreiten, dass Plastiktüten mitunter das «beste Mittel» seien, um Menschen mit Atemproblemen zu helfen.

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