Insektenschutz: Bundeskabinett beschließt umstrittenes Paket

Es waren harte Verhandlungen auf einem langen Weg: Das Insektenschutzpaket, das seit Monaten für Unmut zwischen Umwelt-und Agrarministerium sorgt, ist nun endlich durchs Kabinett gegangen. Die Umweltverbände freut’s – und die Landwirte laufen dagegen Sturm.

Nach monatelangem Ringen hat das Bundeskabinett das Gesetzespaket zum Insektenschutz beschlossen.

Wie Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mitteilten, sind sowohl die Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes (gemeinhin bekannt als Insektenschutzgesetz) als auch die Änderung der sogenannten Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung auf den Weg gebracht worden. Beide Vorhaben gehen auf das Aktionsprogramm Insektenschutz zurück, dass das Kabinett bereits im September 2019 verabschiedet hatte.

Die Pläne waren zuvor auf heftigen Widerstand gestoßen – vor allem seitens der Landwirte. Diese befürchten wirtschaftliche Einbußen durch einen restriktiveren Einsatz von Pestiziden, den vor allem die Verordnung zum Pflanzenschutz neu regelt.

Der Entwurf des Insektenschutzgesetzes sieht unter anderem vor, dass Biotope wie Streuobstwiesen und artenreiches Grünland für Insekten als Lebensräume erhalten bleiben. Auch die Lichtverschmutzung als Gefahr für nachtaktive Insekten soll künftig eingedämmt werden.

Die parallel vom Bundeslandwirtschaftsministerium eingebrachte Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung regelt unter anderem den Einsatz des umstrittenen Herbizids Glyphosat neu. Die Anwendung soll zunächst stark eingeschränkt und bis Ende 2023 ganz verboten werden. Umweltverbände wie der Nabu oder der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) reagierten am Mittwoch mit Zustimmung.

In Schutzgebieten soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stark eingeschränkt und teils verboten werden. Ausnahmen vom Verbot gibt es etwa für den Obst-, Gemüse- und Weinanbau. Darüber hinaus legt die Verordnung für den Einsatz von Pestiziden einen allgemein einzuhaltenden Mindestabstand zu Gewässern fest, der sich zwischen fünf und zehn Metern bewegt. Bereits getroffene Kompromisse in den Bundesländern sollen, anders als zuvor befürchtet, weiter gelten dürfen.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft warnte am Mittwoch vor Sonderregelungen. «Das geplante Aufbringungsverbot von Pflanzenschutzmitteln im Abstand von zehn Metern zu Gewässern» sei ein großer Fortschritt, sagte BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weyand. Wenn aber jedes Bundesland eine eigene Regelung dazu treffen könne, sei das Verbot möglicherweise in Gefahr.

Ganz anders die Position der Landwirte, die sich auch weiterhin gegen Auflagen wehren und ihre Existenzgrundlage bedroht sehen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, kritisierte das Gesetzespaket am Mittwoch als kurzsichtig und «strategischen Fehler für die Naturschutzpolitik».

Protest kam auch aus der Opposition. Das Vorhaben zum Insektenschutz entbehre «jeder validen wissenschaftlichen Grundlage», sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Frank Sitta der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Paket werde «eine kalte Enteignung von vielen tausenden Betrieben in Kauf» genommen.

Auch andere Bundestagsabgeordnete äußerten am Mittwoch Bedenken und konfrontierten die Bundesumweltministerin mit zahlreichen Fragen, unter anderem zu den Folgen für die Landwirte. Schulze betonte, dass aus ihrer Sicht nicht der Insektenschutz das Problem der Bauern sei, sondern vor allem die «Billigpreis-Politik im Handel». Damit müsse Schluss sein. «Insektenschutz sichert auch die Zukunft der Landwirtschaft», sagte Schulze. Zuvor hatte Bundesagrarministerin Klöckner um Verständnis für die Ängste der Landwirte geworben.

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