Nagelsmann zwischen Liverpool-Lust und Transfer-Frust

Der Pflichtsieg gegen Ausgburg ist längst abgehakt. Schon am Dienstag empfängt Leipzig den FC Liverpool – in Budapest. Das Spiel ist in mehrfacher Hinsicht eine Ablenkung vom Alltag.

Julian Nagelsmann entflieht ein wenig dem Alltag, wenn er am Montag den Flieger zum Duell mit Jürgen Klopp und dem FC Liverpool besteigt.

Zum einen ist da dieser Irrsinn, inmitten wachsender Sorge vor Coronavirus-Mutationen das Heimspiel in der Champions League gegen den FC Liverpool einfach nach Budapest zu verlegen. Zum anderen lenkt das Achtelfinal-Hinspiel den Trainer von RB Leipzig vom am Wochenende offiziell gewordenen Verlust seines Abwehrchefs Dayot Upamecano an den FC Bayern ab.

Entsprechend groß ist die Sehnsucht auf das Spiel gegen den englischen Meister in der leeren Puskas-Arena. «Ich freue mich auf das Duell mit Liverpool. Wir haben uns das verdient in einer sehr schweren Gruppe», sagte Nagelsmann. Der 33-Jährige mühte sich zugleich, das Spiel nicht auf ein Messen zwischen dem 20 Jahre älteren Klopp und ihm zu reduzieren: «Es ist kein Trainerduell.»

Das ist es natürlich zwangsläufig doch, wenn zwei Persönlichkeiten wie Nagelsmann und Klopp an der Seitenlinie stehen. Im Sommer 2017 gab es das Duell schon einmal. In der Qualifikation zur Champions League zeigte Liverpool dem damals von Nagelsmann trainiertem Hoffenheim die Grenzen auf. Gut dreieinhalb Jahre später sind die Vorzeichen etwas anders.

Abgesehen vom Transfer-Frust läuft die Spielzeit für Leipzig prächtig. Zweiter in der Liga, Viertelfinalist im DFB-Pokal, Manchester United in der Gruppenphase aus der Champions League geworfen. Für Klopp hingegen ist die Königsklasse in dieser Saison die letzte Chance auf einen Titel, nachdem es mit dem 1:3 bei Leicester City die dritte Liga-Pleite nacheinander gab.

Der Formkurve entsprechend haben sich die Vorzeichen geändert. «Vor ein paar Monaten hätte ich noch gesagt, das Spiel geht zu 65 Prozent an Liverpool», sagte Ex-Trainer und England-Kenner Ralf Rangnick der «Times» . «Aber jetzt ist das ein 50:50-Spiel.» Liverpool habe zu kämpfen und offensichtlich zu viele Verletzte. «Sie wirken nicht frisch, während Leipzig in sehr guter Form ist.»

Am meisten fehlt Liverpool wohl der am Kreuzband verletzte Abwehrchef Virgil van Dijk. Dagegen wird bei Leipzig am Dienstag wie gewohnt Dayot Upamecano die Dreierkette organisieren. Nagelsmann hatte ihn am Freitag gegen Augsburg eigens geschont. Während des Spiels war durch Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidzic auch der Wechsel des französischen Nationalspielers nach München offiziell geworden. 42,5 Millionen Euro kostet Upamecano, er bekommt einen Vertrag bis 2026.

Ein Transfer des 22-Jährige war längst klar, andere Kandidaten waren Chelsea und Liverpool, was die Bayern wohl etwas nervös gemacht hat – doch die Art und Weise erwischte RB kalt. Sportdirektor Markus Krösche und Nagelsmann gaben sich ahnungslos – und waren es wohl auch. «Wir wussten davon nichts, ich habe es eben erst erfahren», sagte auch Willi Orban nach dem 2:1 gegen den FCA.

Dass Orban in der kommenden Saison nicht mehr neben Upamecano verteidigt, ist noch weit weg. Zunächst hat er nur Liverpool im Sinn. «Wir freuen uns auf das Spiel, haben einen Tag länger Regeneration. Ich bin optimistisch», sagte der ungarische Nationalspieler, der das Stadion gut kennt. «Die Bedingungen sind ein wenig außergewöhnlich. Wir freuen uns auf ein gutes Hinspiel.» Ein Hinspiel. Kein Heimspiel.

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