Auf mehr und mehr Lebensmittelpackungen im Supermarkt kann sich inzwischen ein genauerer Blick lohnen: Soll das Ofenbrot mit Hähnchenbrust und dem hellgrünen «B» in den Korb – oder das mit Salami und einem gelben «C» in der Tiefkühlung daneben?
Das neue Logo Nutri-Score mit einer Farbskala plus Buchstaben soll Kunden helfen, Dickmacher, aber auch gesündere Fertigprodukte leichter zu erkennen. Dafür muss es aber auf möglichst breiter Front in die Läden kommen. Gut drei Monate nach dem offiziellen Start in Deutschland haben sich mittlerweile 116 Firmen mit 236 Marken für eine freiwillige Nutzung registriert, wie das Bundesernährungsministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte – darunter Hersteller und Händler.
Ressortchefin Julia Klöckner (CDU) sagte, damit sei in kurzer Zeit «die erste Schallmauer» von 100 durchbrochen. Das in Frankreich entwickelte System bedeutet so viel wie «Nährwert-Punktzahl» und bezieht neben Zucker, Fett und Salz auch empfehlenswerte Elemente wie Ballaststoffe, Eiweiß oder Anteile an Obst und Gemüse ein. Für die Mengen je 100 Gramm werden Punkte vergeben. Heraus kommt ein einziger Wert, der in einer Fünf-Stufen-Skala mit einer hervorgehobenen Fläche angezeigt wird: von «A» auf dunkelgrünem Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes «C» bis zum roten «E» für die ungünstigste.
Unternehmen, die Nutri-Score verwenden wollen, müssen sich bei der französischen Gesundheitsagentur als Markeninhaberin registrieren und dann auch an Nutzungsbestimmungen halten. Dabei geht es um eine Ergänzung der EU-weit verpflichtenden Nährwerttabellen mit Angaben auch zu Kalorien. Die sind allerdings meist klein gedruckt hinten auf den Packungen zu finden. Nutri-Score muss auf die Vorderseite. Als Rahmen für eine rechtssichere Nutzung in Deutschland trat Anfang November eine Verordnung in Kraft. Das Logo startete in den Läden aber nicht bei Null – einige Anbieter setzten es schon vorher ein. Bis Mitte Januar waren es zunächst 93 registrierte Firmen gewesen.
«Die Zahlen und der Zuspruch steigen kontinuierlich», sagte Klöckner. Sie erwarte nun, dass die Unternehmen ihr Sortiment umfassend kennzeichnen. «Das ist auch die Erwartung der Verbraucher.» Um Wirkung zu entfalten, muss Nutri-Score bekannter werden und breiter die Regale erobern. Helfen soll eine Informationskampagne. In manchen Läden gibt es gerade auch Infoblätter oder Durchsagen für die Kunden. Mehrere Handelsketten sind dabei, selbst auf den Zug zu springen und wollen das Logo schrittweise auf die große Palette ihrer Eigenmarken drucken. Bei einigen Produkten gehen schon direkte Vergleiche – etwa zwischen Schoko-Frühstückscerealien mit grünem «B» oder gelbem «C».
Für den weiteren Einsatz von Nutri-Score wollen mehrere europäische Länder zusammenarbeiten. Dafür haben Deutschland und sechs weitere Staaten eine Grundsatzvereinbarung getroffen: neben den Pionieren Frankreich und Belgien auch Luxemburg, die Niederlande, Spanien und die Schweiz. Dazu gehört ein gemeinsames wissenschaftliches Gremium, das sich auch mit möglichen Weiterentwicklungen des Systems befassen soll. Dabei ist das bundeseigene Max-Rubner-Forschungsinstitut, das auch schon Ansatzpunkte sieht – etwa ein stärkeres Berücksichtigen von Ballaststoffen in Vollkornprodukten bei der Berechnungsmethode.
Klöckner hebt hervor, dass unabhängige Wissenschaftler international über mögliche Anpassungen beraten. Verbraucherschützer setzen darauf, dass Nutri-Score auch einen Wettbewerb der Hersteller anstößt, damit Rezepturen gesünder werden. Und Algorithmus-Änderungen dürften nicht aufgrund eines «Wunschkonzerts der Lebensmittelindustrie» kommen.
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