Allen ist klar: Im Corona-Jahr werden die Feiertage anders als sonst.
Bei Silvester stößt ein angedachtes Böllerverbot auf Verständnis in der Bevölkerung, dürfte sich jedoch kaum durchsetzen, denn mächtige Bundesländer sind dagegen. Auch bei Weihnachten zeigen sich Risse in der Gesellschaft. Am Mittwoch beraten Bund und Länder über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise. Deutschlands größte Silvesterparty am Brandenburger Tor in Berlin wurde schon abgesagt, die dortige ZDF-Show mit Andrea Kiewel und Johannes B. Kerner und Stars wie Peter Maffay soll es aber geben.
Knapp zwei Drittel der Bundesbürger sind laut einer aktuellen Umfrage dafür, das Silvesterfeuerwerk 2020/’21 wegen der Corona-Krise zu verbieten. Dies sagten 64 Prozent in einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov. 25 Prozent lehnen ein solches Verbot derzeit ab, 10 Prozent machten keine Angabe. Gefragt wurden die Teilnehmer, ob sie ein Feuerwerksverbot «in diesem Jahr aufgrund der coronabedingten Überlastung von Gesundheitssystem und Krankenhäusern» befürworten oder ablehnen.
Im vergangenen Jahr verzeichnete die Böllerbranche laut Verband der pyrotechnischen Industrie rund 130 Millionen Euro Umsatz. Doch eine Skepsis gegenüber Krachern und farbenfrohen Funken am Silvesterhimmel gibt es in Deutschland schon seit Jahren – freilich früher aus anderen Gründen. Schon 2019 gaben 57 Prozent der Bundesbürger in einer Yougov-Umfrage fürs Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) an, dass ihrer Meinung nach «Böllern zu Silvester aus Umwelt- und Sicherheitsgründen verboten» werden sollte.
In einer repräsentativen Yougov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur stimmten zudem gut drei Viertel der Befragten der Aussage zu, dass Raketen und Böller schlecht für die Umwelt seien. Außerdem stimmten 79 Prozent (und bei den Frauen sogar 84 Prozent) der Aussage zu, dass Feuerwerke «gefährlich» seien.
Im Corona-Jahr wird besonders kontrovers über Feuerwerk diskutiert. Der Innenminister des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), sprach sich gegen Böller und Raketen aus. Entscheiden müssten aber die Kommunen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagte im ARD-Fernsehen, Weihnachten solle «freier» sein, «dafür Silvester wieder konsequenter». Für Silvester wünscht er sich ein Böller- oder Alkoholverbot auf größeren Plätzen. «Ein generelles Böllerverbot braucht es aber nicht.»
Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hält nichts von einem Verbot: «Feuerwerk muss Silvester trotz Corona möglich sein», sagte er der «Bild».
Die sieben unionsgeführten Bundesländer sind anders als die sieben SPD-geführten Länder gegen ein Verkaufsverbot für Silvesterböller. Der Verkauf und das Mitführen von Pyrotechnik solle nicht untersagt werden, heißt es in einem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur am Montag vorlag. Stattdessen solle es einen Appell geben sowie ein Verbot von Feuerwerk auf belebten Plätzen.
In einem Papier Berlins als Vorsitzland der Ministerpräsidentenkonferenz heißt es dagegen, zum Jahreswechsel solle der Verkauf, der Kauf und das Zünden von Feuerwerk verboten werden – insbesondere um die Einsatz- und Hilfskräfte zu entlasten, die Kapazitäten des Gesundheitssystems freizuhalten und um größere Gruppenbildungen zu vermeiden.
Auch beim Thema Weihnachten rumort es vor allem in den C-Parteien und unter den CDU-Vorsitzkandidaten. So diskutierten viele in sozialen Netzwerken ein plakatives Zitat von NRW-Regierungschef Armin Laschet, der der «Welt am Sonntag» gesagt hatte, es stehe «das härteste Weihnachten, das die Nachkriegsgenerationen je erlebt haben» bevor. Es sei aber eine Illusion zu glauben, man könne 80 Millionen Menschen verbieten, Weihnachten die Familie zu treffen. Friedrich Merz hatte dem Berliner «Tagesspiegel» (Sonntag), das Fest in der Familie sollte nicht in Frage gestellt werden. «Es geht den Staat auch nichts an, wie ich mit meiner Familie Weihnachten feiere.»
2015 sorgte ein Werbespot für viel Aufsehen, in dem ein alter Mann seinen Tod vortäuscht, um seine treulosen und Ausreden schickenden Familienmitglieder zum Weihnachtsfest zu versammeln. «Wie hätte ich euch denn sonst alle zusammenbringen sollen? Mmh?» Fünf Jahre wird eine andere Stimmungslage angenommen: Will Deutschland nichts lieber, als sich zu diesem Fest in möglichst großem Familienkreis zu treffen?
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