China hat schon viele Ausflüge zum Mond unternommen. Trotzdem ist die in dieser Woche gestartete «Chang’e 5» etwas ganz besonderes.
Die nach der chinesischen Mondgöttin benannte Raumsonde soll nicht nur wie bei früheren Missionen einen Rover auf der Oberfläche absetzen, sondern mit Gesteinsproben zur Erde zurückkehren.
Zwar hat die Raumfahrtbehörde der Volksrepublik nach dem erfolgreichen Start am Dienstag noch kein offizielles Datum für die Landung auf dem Mond verkündet. US-Experten gehen aber davon aus, dass es bereits an diesem Sonntag (29.11.) soweit sein wird.
Eine größere Herausforderung als wie bereits geschehen eine Sonde auf dem Mond landen zu lassen, ist für die chinesischen Forscher der zweite Teil der Mission. Im Erfolgsfall wäre es das erste Mal seit 44 Jahren, dass Gesteinsproben zur Erde zurückgebracht würden. China wäre nach den USA und der Sowjetunion in den 60er und 70er Jahren erst die dritte Raumfahrtnation, der ein solches Vorhaben gelingt.
«Auf einem anderen Himmelskörper zu landen ist immer kompliziert», sagt Paolo Ferri, der frühere Leiter des Missionsbetriebs der europäischen Raumfahrtagentur Esa im Raumfahrtkontrollzentrum in Darmstadt. Die Landung einer Sonde auf dem Mond sei den Chinesen allerdings schon zweimal gelungen.
Der wirkliche Knackpunkt, glaubt Ferri, ist die Rückkehr. Dabei soll der mit Steinen beladenen Lander am Orbiter andocken, der den Mond umkreist: «Das Rendezvous im Orbit wird eine neue Herausforderung und bei der Landung auf der Erde müssen die Berechnungen ganz genau sein.» Der ganze Ablauf gleiche dem ersten bemannten Raumflug zum Mond von Apollo 11 vor mehr als 50 Jahren. Allerdings sei heute die Technik viel weiter.
Freuen würden sich über einen erfolgreichen Verlauf der Mission auch Planetengeologen wie Ulrich Köhler vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Während die Erde extrem dynamisch sei und sich sowohl im Inneren als auch an der Oberfläche verändere, sei der viel kleinere Mond, auf dem es weder eine Plattentektonik noch eine störende Atmosphäre gebe, schon seit etwa drei Milliarden Jahren kaum noch aktiv, erklärt Köhler einen geologischen Unterschied des Erdtrabanten.
Der Mond, erläutert Köhler, entstand, als unsere «Protoerde» vor etwa 4,4 Milliarden Jahren mit einem marsgroßen Körper kollidierte. Gesteinsproben vom Mond seien auch deshalb wie ein «Fenster in die Frühzeit des Sonnensystems».
Zwar sind laut Köhler dank der früheren Missionen der Amerikaner und Sowjets bereits etwa 382 Kilogramm an Probenmaterial vom Mond in Laboren auf der Erde vorhanden, die einen «riesigen Erkenntnisgewinn» ermöglicht hätten. Dennoch gebe es noch Lücken, die durch die Mission der Chinesen, die etwa zwei Kilogramm Steine zurückbringen wollen, nun geschlossen werden könnten.
Die Raumsonde soll den US-Experten zufolge am Sonntag in einem nach dem deutschen Astronomen Karl Rümker (1788-1862) genannten Vulkangebiet landen, das im «Ozean der Stürme» liegt – im oberen, linken Teil der erdzugewandten Seite des Mondes. Die von den Chinesen gewählte Landestelle sei mit ihren Begebenheiten aus geologischer Sicht «ein echtes Wunschziel», meint Köhler.
Im Start der zweiten chinesischen Mond-Mission innerhalb von zwei Jahren sieht Raumfahrtexperte Ferri von der Esa jedoch nicht nur eine geologische Mission, sondern einen wichtigen Technologietest für bemannte Flüge zum Erdtrabanten.
Die Chinesen hätten «eine sehr komplizierte Mission gewählt, um Proben vom Mond auf die Erde zu bringen», sagt Ferri: «Sie hätten das viel einfacher machen können.» Es werde so vermutet, dass die ganze Technik erprobt werden soll, die eines Tages für eine bemannte Landung auf dem Mond nötig ist – und vermutlich noch darüber hinaus.
Bereits im Sommer haben die Chinesen ihren ersten Rover Richtung Mars gestartet. «Vieles, was man auf dem Mond macht, kann man auch auf dem Mars nutzen», sagt Ferri.
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