Steinmeier: Pandemie nicht die «Pausentaste» für Klimawandel

Der Klimawandel findet statt und beschleunigt sich, mahnt der Bundespräsident. Ohne massive Veränderungen beim Verkehr ist er kaum aufzuhalten. Mut und Gestaltungswille seien gefragt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat angemahnt, trotz der Corona-Pandemie den Blick auf den Klimaschutz nicht zu verlieren.

Steinmeier sagte am Donnerstag bei einem «Perspektivdialog» mit Vertretern der Autoindustrie: «Die Pandemie ist nicht die Pausentaste für den Klimawandel. Er verlangt notwendige Weichenstellungen und das mit höchster Dringlichkeit.»

Bei dem Gespräch ging es um den schwierigen Umbau der Autoindustrie hin zu mehr alternativen Antrieben. Dazu kommt der fortschreitende digitale Wandel. Der gesamte Verkehrsbereich muss in den kommenden Jahren mehr tun, damit Klimaziele erreicht werden.

Steinmeier sagte, der Klimawandel finde statt und beschleunige sich: «Wir wissen, dass wir umsteuern müssen.» Für die klimapolitische Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft brauche es Mut, Ideen und gemeinsamen Gestaltungswillen. Es gehe um eine grundlegende Veränderung von Mobilität und Arbeitswelt. Es sei eine gewaltige Herausforderung, den Strukturwandel zu gestalten. Es gebe aber auch Chancen, nämlich neue Technologien und Produkte in einer ökologisch tragfähigen industriellen Wertschöpfung. Steinmeier verwies auf das Ziel der EU, bis 2050 klimaneutral zu wirtschaften.

Das Auto der Zukunft müsse neu gedacht werden, so Steinmeier. Es müsse nicht nur klimaneutral sein, sondern auch an veränderte Bedürfnisse angepasst werden – als «Smartphone auf Rädern». Es heiße, hier seien Tech-Giganten aus den USA und China im Vorteil.

Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, sprach von einer gigantischen Transformationsaufgabe für die Automobilindustrie mit einem ungewissem Ausgang. Immer höhere Ziele seien riskant für den Industriestandort. Ein «politische Hang» zur Feinsteuerung von Technologiepfaden führe dazu, dass Unternehmen keine Plamungs- und Investitionssicherheit hätten.

Russwurm sprach sich wie die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller, für Technologieoffenheit aus. Es müsse allen technischen Optionen eine faire Chance gegeben werden, neben der Elektromobilität auch Wasserstoff und alternativen Kraftstoffen. Müller sagte, es sei wichtig, breit zu investieren. Beim Wasserstoff müsse «groß gedacht» werden.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG Metall, Jörg Hofmann, kritisierte, es fehlten strukturpolitische Strategien für die Transformation. Es gebe außerdem Handlungsdefizite, etwa beim Ausbau des Ladenetzes für Elektroautos.

Der Umweltverband BUND zeigte sich enttäuscht ob der Besetzung des Gesprächs beim Bundespräsidenten. Verkehrsexperte Jens Hilgenberg sagte: «Klimaschutz in der Automobilindustrie ist wichtiges Thema, in dem auch zivilgesellschaftliche Akteure wie der BUND eine langjährige Expertise haben.» Deshalb sei es unverständlich, dass Steinmeier ein solches Gespräch ohne Vertreter aus den Bereichen Klima- und Umweltschutz führt. Nur mit einem breiten Dialog ließen sich die Herausforderungen beim Klimaschutz im Verkehr meistern.

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