Papst betet im Nordirak für Opfer der Terrormiliz IS

Die Christen im Nordirak haben grausame Jahre des Terrors und der Verfolgung hinter sich. Sie sehnten sich danach, dass der Papst sie besucht. Nun hat Franziskus das Versprechen eingelöst.

Zwischen Scharen von Gläubigen und der Ruine einer Kirche hat Papst Franziskus am dritten Tag seiner Irakreise für Opfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gebetet.

Die von Tod und Vertreibung geschundene christliche Gemeinde dort hatte seinen Besuch seit Jahren herbeigesehnt. Am Sonntagmorgen betete Franziskus für die Menschen, die im Krieg gegen den IS ihr Leben verloren hatten. In Erbil im Nordirak prangerte er Stunden später bei einer Messe vor Tausenden den Machtmissbrauch und Korruption in dem Land an.

«Hier in Mossul sind die tragischen Konsequenzen des Krieges und der Feindseligkeiten nur allzu sichtbar», erklärte der Argentinier. Es sei «grausam», dass Tausende gewaltsam vertrieben und getötet worden und dass Kulturstätten in dieser «Wiege der Zivilisation» zerstört worden seien.

Zahlreiche Menschen waren auf den Straßen der Stadt unterwegs. Der Weg zum Kirchplatz führte Franziskus an den Trümmern der Stadt vorbei. IS-Kämpfer hatten Mossul 2014 in ihre Gewalt gebracht. Zwischen 2016 und 2017 erobertem irakische Kräfte die Stadt mit Unterstützung der internationalen Koalition zurück. In den schweren Gefechten wurde die Stadt stark zerstört. Symbolisch dafür steht der Kirchplatz, an dem einst vier christliche Kirchen standen. Umringt von den Trümmern und Ruinen der Gotteshäuser sagte Franziskus: «Wenn Gott der Gott des Lebens ist – und das ist er -, dann ist es uns nicht erlaubt, die Brüder und Schwestern in seinem Namen zu töten.»

Im unweit gelegenen Karakosch, wo mehrheitlich Christen leben, fuhr der Papst danach umringt von Sicherheitskräften an Menschenmassen vorbei und winkte ihnen zu. «Alle in der Stadt sind auf der Straße – jung, alt, alle», sagte ein Bewohner. Ein anderer sprach von einem «historischen Moment».

«Hört nie auf zu träumen», ermutigte der 84-Jährige die Gläubigen in der Kirche der Unbefleckten Empfängnis. Sicher gebe es Momente, in denen der Glaube ins Wanken geraten könne; diese Erfahrung hätten die Menschen in den dunkelsten Tagen des Krieges gemacht. Auch auf die Corona-Pandemie und die damit zusammenhängende Unsicherheit treffe das zu, sagte der Argentinier, der bereits geimpft wurde. Einen Mund-Nasen-Schutz war er im Irak nur teilweise.

Wie viele andere Christen in dieser Region wurden auch die Menschen in Karakosch unter der Herrschaft des IS zum Ziel von Verfolgung und Gewalt. Zehntausende flohen in Richtung Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan, oder suchten Schutz im Ausland. In der Region laufen Projekte von Hilfsorganisationen, um den Geflohenen eine Rückkehr zu ermöglichen.

Dort setzte Franziskus den Schlusspunkt des Tages mit einer Messe vor Tausenden im Fußballstadion. «Es tut not, dass die unheilvolle Beeinflussung der Macht und des Geldes aus unseren Herzen und aus der Kirche ausgerottet werden», sagte der Papst. Vor der Messe fuhr er im «Papa-Mobil» eine Runde im Stadion unter Jubelrufen.

Vor gut sechs Jahren hielt Erbil Angriffen des IS mit Hilfe einer Allianz aus kurdischen Kämpfern und den USA stand, als die Islamisten bis auf 40 Kilometer auf die Stadt vorgerückt waren.

Papst Franziskus wird in die Geschichte als erster Papst eingehen, der den Irak besucht hat. Am Montag will er mit seiner Delegation wieder nach Rom zurückkehren.

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