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Corona-Impfungen mit Astrazeneca in der Regel nur noch ab 60

Bei der Verwendung des Impfstoffes von Astrazeneca folgt die nächste Kurskorrektur: Vorsichtshalber soll er generell nicht mehr für Jüngere unter 60 genutzt werden. Was heißt das für die Impfkampagne?

Bei den Corona-Impfungen in Deutschland kommt eine neue vorsorgliche Altersbeschränkung für das Mittel von Astrazeneca. Das Präparat soll ab diesem Mittwoch in der Regel nur noch für Menschen ab 60 Jahren eingesetzt werden, wie die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beschlossen.

Unter 60-Jährige sollen sich «nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung» weiterhin damit impfen lassen können. Hintergrund sind Fälle von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen. Erst Mitte März waren Astrazeneca-Impfungen nach einer mehrtägigen Impfpause und neuen Überprüfungen wieder angelaufen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) rechtfertigte die Entscheidung mit Blick auf das Vertrauen in die Corona-Impfungen, räumte aber auch eine Verunsicherung ein. «Vertrauen entsteht aus dem Wissen, dass jedem Verdacht, jedem Einzelfall nachgegangen wird», sagte sie nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten der Länder. Die Alternative sei gewesen, etwas unter den Teppich zu kehren oder die Fälle ernst zu nehmen. Unter allen Abwägungen sei dies daher der Weg, der noch zu «möglichst bestem Vertrauen» führe, sagte Merkel. «Wenngleich ich die Verunsicherung nicht wegreden kann.» Dass verschiedene Impfstoffe zur Verfügung stünden, sei ein großes Glück. Bund, Länder und Kommunen wollten nun gemeinsam Änderungen bei den Impfplanungen klären.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, die Bürger könnten sich darauf verlassen, dass in Deutschland zugelassene Impfstoffe «akribisch überwacht» würden. «Andererseits ist es ohne Frage ein Rückschlag, dass bei einem unserer verfügbaren Impfstoffe in dieser Pandemie für eine bestimmte Altersgruppe offenbar ein erhöhtes Risiko besteht.» Menschen über 60 könnten nun schneller geimpft werden. «Insofern kann ich alle über 60-Jährigen tatsächlich ausdrücklich nur bitten, dieses Impfangebot auch wahrzunehmen». Der Impfstoff sei sehr wirksam, gerade auch bei Älteren. Merkel und Spahn bekräftigten das Ziel, bis Ende des Sommers allen Bürgern ein Impfangebot zu machen.

Die Länder sollen nun auch schon 60- bis 69-Jährige für das Mittel von Astrazeneca mit in ihre Impfkampagnen einbeziehen können, heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Beschluss der Gesundheitsminister. «Dies gibt die Möglichkeit, diese besonders gefährdete und zahlenmäßig große Altersgruppe angesichts der wachsenden 3. Welle nun schneller zu impfen.» Derzeit laufen generell Impfungen in den ersten beiden Prioritätsgruppen, zu denen – bezogen auf das Lebensalter – Menschen ab 70 Jahre gehören. Wenn Menschen unter 60 sich für Astrazeneca entscheiden, sollen diese Impfungen grundsätzlich in den Praxen der niedergelassenen Ärzte erfolgen.

Zuvor hatte die Ständige Impfkommission (Stiko) eine entsprechende neue Altersbeschränkung für Astrazeneca empfohlen. Grundlage seien derzeit verfügbare Daten zum Auftreten «seltener, aber sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen». Diese seien 4 bis 16 Tage nach der Impfung ganz überwiegend bei Personen im Alter unter 60 Jahren aufgetreten, teilte das beim Robert Koch-Institut (RKI) angesiedelte Gremium mit. In Deutschland sind bisher 31 Fälle solcher Blutgerinnsel nach Impfungen mit Astrazeneca bekannt, wie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) berichtete.

Zu klären ist auch die Frage der nötigen zweiten Impfdosis. Menschen unter 60, die schon die erste Dosis Astrazeneca erhielten, haben laut dem Beschluss zwei Möglichkeiten: Sie können auch die Zweitimpfung von Astrazeneca bekommen – nach Rücksprache mit dem Arzt, «sorgfältiger Aufklärung» und «individueller Risikoanalyse». Zweite Option: Die Betroffenen warten auf eine Stiko-Empfehlung zur Zweitimpfung, die voraussichtlich bis Ende April kommen soll. Merkel sagte, dann werde klar sein, mit welchem der zugelassenen Impfstoffe auch für diese Menschen der volle Impfschutz erreicht werde.

Erste Zweitimpfungen mit Astrazeneca sind laut Stiko nach der empfohlenen Wartezeit von zwölf Wochen und dem Impfstart des Vakzins im Februar für Anfang Mai vorgesehen. Laut Impfquotenmonitoring des Robert-Koch-Instituts (RKI) wurden bisher rund 2,7 Millionen Erstimpfungen gemacht, aber vorerst nur 767 Zweitimpfungen.

Deutschland – und zahlreiche andere Staaten – hatten die Impfung mit dem Astrazeneca-Stoff bereits Mitte März vorübergehend ausgesetzt. Danach aber wurde das Präparat wieder verabreicht. Zuvor hatte auch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA die Sicherheit des Vakzins bekräftigt, auch die Stiko hatte sich für eine weiteren Einsatz des Mittels ausgesprochen. Anfangs war der Impfstoff in Deutschland nur für 18- bis 64-Jährige empfohlen worden, da für Ältere nicht genügend Studiendaten verfügbar waren.

Schon vor der Entscheidung von Bund und Ländern hatten Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen Astrazeneca-Impfungen für Menschen unter 60 ausgesetzt. In NRW sprachen sich die Leiter von fünf der sechs Uni-Kliniken für einen vorläufigen Impfstopp bei jüngeren Frauen aus. Das Risiko weiterer Todesfällen sei zu hoch.

Im zweiten Quartal werden insgesamt deutlich größere Impfstoffmengen erwartet. Die Hersteller haben laut einer Übersicht des Bundesgesundheitsministeriums vom 22. März rund 70 Millionen Dosen in ihren Prognosen zugesagt: 40,2 Millionen sollen demnach von Biontech/Pfizer kommen, 12 bis 15 Millionen von Astrazeneca, 6,4 Millionen von Moderna und rund 10 Millionen von Johnson & Johnson.

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