Kreditmarkt: Deutschland und Ungarn im Vergleich

Beide sind sie Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die als Wohlstandsoase gilt – und doch wirkt sich die aktuelle Wirtschaftskrise sehr unterschiedlich aus: Das BIP pro Kopf liegt in Ungarn deutlich unter dem EU-Durchschnitt, während für Deutsche der Index nahezu das Doppelte beträgt. Mehr als die Hälfte aller Ungarn lebt ohne Ersparnisse, in Deutschland spart fast jeder. Und auch das Kreditverhalten variiert.

Der Kreditmarkt – an sich ein örtlich und zeitlich unbegrenzter Markt – gestaltet sich je nach Land unterschiedlich, auch innerhalb der Europäischen Union. Auch wenn Kreditnehmer mittlerweile durch EU-Richtlinien besser und vor allem einheitlicher geschützt werden, ist die Lage in Ungarn ganz anders als in Deutschland. Während sich ungarische Kreditnehmer meist mit hohen Gebühren zu den ohnehin vergleichsweise hohen Zinssätzen belastet sehen, lockt Deutschland oft mit deutlich attraktiveren Zinsangeboten.

Erholung vs. Belastung

Natürlich trifft die aktuelle Wirtschaftskrise alle Länder, manche jedoch bekanntermaßen stärker. Während sich auf dem deutschen Kreditmarkt eine Erholung abzeichnet, d. h. aufgrund fallender Risiken deutlich mehr Kredite nachgefragt werden, hat Ungarns Finanzwesen stärker mit den Folgen der Krise zu kämpfen. Um nicht zahlungsunfähig zu werden, erhält das Land Notkredite u. a. vom IWF und der EU. Auch wenn das Wirtschaftswachstum durchaus positiv dynamisch ist und der private Konsum eine steigende Tendenz aufweist, bremsen schwächelnde Im- und Exporte sowie instabile Auslandsinvestitionen den ungarischen Finanzmarkt.

Fremdwährungskredite: Ja oder nein?

Fremdwährungsdarlehen sind in Deutschland hoch im Kurs, besonders im Bereich der Immobilienfinanzierung, wobei die Auszahlung immer in Euro erfolgt. Auch viele Ungarn legen Geld in Fremdwährungen an, selbst wenn Orbans Politik eher auf Abschottung ausländischer Marktmacht abzielt. Besonders vom westlichen Euro-Raum für seine Bankenpolitik kritisiert, hält die Regierung dennoch an ihrem Weg fest.

Nach der Freigabe des Schweizer Franken zahlte sich Orbans Finanz- und Kreditvorgehen dennoch aus. Während viele Kreditnehmer, u. a. in Deutschland, nach der Wechselkursfreigabe in die Franken-Falle stürzten, steht Ungarn besser da. Dank vorangegangener verpflichtender Teilablösung von Franken-Krediten sowie deren Umwandlung in Forint-Darlehen hat sich das Ausmaß des Schweizer Wechselkursdebakels deutlich in Grenzen gehalten.