„Ich zahle das Bußgeld nicht“

Nagyvázsony: Fremdenverkehr und Tierhaltung passen schlecht zusammen

„Vor zwanzig Jahren wurden noch hinter jedem Nagyvázsonyer Tor Tiere gehalten, heute sind es nur noch wenige Dorfbewohner, die sich damit beschäftigen. Jetzt will man auch uns kaputt machen“, beklagt sich der 58-jährige, ortsansässige Landwirt Béla Pálfy.

„Wir möchten niemanden kaputt machen, es müssen ganz einfach die grundlegenden Regeln des Zusammenlebens eingehalten werden. Im Interesse der Mehrheit muss die Zahl der im inneren Verwaltensgebiet gehaltenen Nutztiere eingeschränkt werden“, sagt József Szombati, der Bürgermeister des Ortes Nagyvázsony im Komitat Veszprém.

Einen Schlusspunkt unter den seit sieben Jahren schwelenden Konflikt setzte jetzt das zum Verfahren ausersehene Gericht des Komitats Vas, das die Klage von Béla Pálfy rechtskräftig abwies, in der der Nagyvázsonyer Landwirt verlangte, dass der in der Sache im vergangenen Sommer gefasste Beschluss der Selbstverwaltung außer Kraft gesetzt wird. Der besagte Beschluss schrieb vor, dass Pálfy Béla bis zum 31. Juli 2005 die Zahl der in seinem Stall gehaltenen Rinder auf sechs Tiere verringern muss.

„Die Schaffung unserer Verordnung über die Tierhaltung im Ort zwang uns 1999 das Leben auf“, sagt József Szombati. „In Nagyvázsony wurde nach der Wende die Tierhaltung eingestellt, viele zogen von Veszprém hierher, wegen der Kinizsi-Burg stieg der Tourismus an. Die Besucher wollen keinen Stallgeruch in der Nase haben und die Fliegen verscheuchen. Deshalb begrenzten wir die Zahl der im inneren Verwaltungsgebiet zu haltenden Tiere: Jeweils sechs Rinder, Schweine und Pferde zusammen mit ihren Nachkommen, insgesamt dürfen hier achtzehn Stück Vieh von einem Bauern gehalten werden. Es gibt auch eine Befreiung von der Begrenzung, wenn der Antragsteller mit der Unterschrift sämtlicher Nachbarn nachweisen kann, dass seine Tiere die Umgebung nicht stören.“
Die Verordnung betrifft die Existenz von drei Einwohnern von Nagyvázsony – und die von deren Familien. Einer von ihnen züchtet Pferde, der mit der Einwilligung der Nachbarn von der Begrenzung befreit wurde. Der andere Landwirt züchtet Schweine, der dritte ist Béla Pálfy, dessen Kühe die Probleme verursachen.

„Ich beschäftige mich seit 30 Jahren mit Rindern, seit einer ganzen Zeit habe ich einen Viehbestand von 40 – 45 Stück“, sagt der Landwirt. „Ich habe deshalb soviel Rinder, weil es nur so wirtschaftlich ist. Wenn ich nicht täglich 200 Liter Milch liefere, kommt der Milchwagen gar nicht erst. Das ist meine Existenz. 20 Jahre war ich in der örtlichen Genossenschaft, seit 1994 bin ich mit meinem Sohn und meiner Frau zusammen Direktvermarkter. Wenn wir den Bestand verkleinern, nagen wir am Hungertuch.“
Das Dorf ist in der Frage geteilter Meinung.

„Ich hole mir jeden Tag beim Béla frische Milch. Jetzt gibt es nur noch bei ihm Milch im Dorf, die besser und billiger ist als die im Laden“, sagte eine Rentnerin. Ein Herr im besten Alter sagt, dass nicht zu vertreten ist, dass der Jauchegeruch sich im halben Dorf verbreitet. Eine junge Dame versteht nicht, warum die Selbstverwaltung solange zögert und in sieben Jahren keine Ordnung auf dem Pálfy-Hof schaffen konnte. Andere sind der Ansicht, dass die vielen zartbesaiteten Zuzügler aus der Stadt die Landbevölkerung in eine demütigende Lage bringen.

Laut dem Nagyvázsonyer Gebietsnotar László Reichert gehen seit der Schaffung der kommunalen Verordnung Beschwerden wegen der Rinder von Béla Pálfy ein. Der Amtsleiter sagt, dass es eine Lösung gäbe, denn der Direktvermarkter hat Immobilien im äußeren Verwaltungsgebiet, dort könnte er einen Stall bauen und die Rinder ohne jede Einschränkung halten.

„Und wovon soll ich bauen? Auch ein kleinerer Stall würde 20 Millionen Forint kosten, das könnte ich bei den derzeitigen Aufkaufpreisen von Milch niemals erwirtschaften“, sagt der Direktvermarkter.

Die einzige Lösung scheint die Befreiung von den Rahmendaten zu sein, doch da besteht wenig Hoffnung.

„Herr Pálfy stellte zweimal den Antrag auf Befreiung von der zu haltenden Stückzahl, doch in keinem der Fälle konnte er die Unterschriften sämtlicher Nachbarn beifügen, deshalb musste der Antrag in beiden Fällen abgewiesen werden“, sagt der Gebietsnotar. „Béla Pálfy versprach schon öfters, dass er den Tierbestand verkleinert, doch das hielt er nie ein. Unsere Geduld ist zu Ende. Im vergangenen Jahr forderte der Beschluss der Selbstverwaltung ihn zur Einhaltung der Verordnung auf. Als sich das als ergebnislos erwies, erlegten wir ihm ein Vollstreckungsbußgeld von 50.000 Forint auf.“

Béla Pálfy focht den die Verringerung des Tierbestandes anordnenden Beschluss vor Gericht an, doch das hatte keinen Erfolg. Laut Urteilsbegründung ging die Nagyvázsonyer Selbstverwaltung umsichtig und entsprechend der Rechtsvorschriften vor. Das Gericht sagte auch: „Es ist von öffentlichem Interesse, dass die Immobilienbesitzer ihre Immobilien entsprechend der Wohnfunktion aufgrund der höheren Erwartungen unserer Zeit nutzen können.“ Darin sind höchstens sechs Kühe inbegriffen.

„Wo ist das Dorf geblieben, in dem ich geboren, in dem ich aufgewachsen bin?“ schaut mich Béla Pálfy fragend an, doch er erwartet sichtlich keine Antwort. „Früher trieb ich lange Zeit die Kühe auf der Straße zur Weide, doch heute wage ich das nicht mehr. Die meisten Autofahrer bekommen einen Wutanfall, wenn sie fünf Minuten warten müssen. Mit Ausnahme der deutschen Touristen, die zücken ihre Kamera und knipsen.“

Der Landwirt sagt, dass das Urteil zwar rechtskräftig sei, dass er aber seinen Viehbestand nicht freiwillig verringern werde, schon deshalb nicht, weil die Unterschriften von sechs Nachbarn bestätigen, dass die Tiere die unmittelbare Umgebung nicht stören.
„Mindestens ebenso viele Nachbarn fordern bei der Selbstverwaltung die sofortige Verringerung des Tierbestandes. Wenn Herr Pálfy trotz des Gerichtsurteils den Beschluss nicht umsetzt, werden wir ein weiteres Bußgeld erheben und wenn nötig, beantragen wir die Zwangsvollstreckung“, sagt László Reichert. „Wir dürfen nicht vergessen: Eine einzige Familie steht gegen die Mehrheit des Dorfes.

Keiner zieht in Zweifel, dass Béla Pálfy ein ausgezeichneter Landwirt ist, bisher fand keine einzige Kontrolle bei ihm etwas an den Umständen der Tierhaltung zu beanstanden. Allein die Anzahl der Kühe sind das Problem.“
„Ich zahle das Bußgeld nicht“, hält Béla Pálfy fest. „Möglich, dass die Justiz gegen mich ist, das Recht ist jedoch auf meiner Seite.“