Sogenannte „Zauberpilze“ mit dem Inhaltsstoff Psilocybin sind eigentlich für ihre psychedelische Wirkung bekannt. Je nach Dosierung können sie Euphorie oder sogar Halluzinationen auslösen. Bekannt wurden sie, nachdem ein amerikanischen Ehepaar 1955 Jahren in Mexiko an einer religiösen Pilzzeremonie teilnahm und über seine Erfahrungen berichtete. Im Rahmen der Hippie-Bewegung der 1960er Jahre fand der Konsum der Pilze zu Rauschzwecken Verbreitung in den USA und ganz Europa.
Weniger bekannt ist die Tatsache, dass zur gleichen Zeit bereits erste Studien zur Verwendung von Psilocybin in der Psychiatrie und Psychotherapie durchgeführt wurden. Diese Forschung fand allerdings ein jähes Ende, als Psilocybin als Droge eingestuft und streng reguliert wurde. Heute lebt das Interesse an den psychedelischen Pilzen in der Medizin wieder auf. Einige Studien machen Hoffnung auf die Anwendung von Psilocybin gegen Depressionen. Ersetzt die Substanz möglicherweise bald herkömmliche Antidepressiva aus der Apotheke?
Trüffel, Pilze oder Pulver
Es gibt eine Reihe von verschiedenen Formen, in denen Psilocybin eingenommen werden kann. Natürliches Psilocybin kommt zum einen in den bekannten Fruchtkörpern der entsprechenden Pilzsorten, zum anderen in deren Sklerotien vor. Bei Sklerotien handelt es sich um eine verhärtete Dauerform von Pilzen, mit denen sie bei ungünstigen Umweltbedingungen längere Zeit in einem Ruhezustand überdauern können. Da sie unterirdisch vorkommen und auch ähnlich aussehen, werden sie umgangssprachlich gerne als Trüffel bezeichnet. Beim Vergleich von Zamnesia zwischen Zauberpilzen und Trüffeln fallen keine großen Unterschiede bei der Einnahme auf. Lediglich die Rechtslage ist in einigen Ländern wie Holland unterschiedlich: Dort sind frische Sklerotien legal zu kaufen, während Pilze nur als Sporen oder Zuchtsets erhältlich sind. Für medizinische Studien wird in der Regel synthetisches Psilocybin verwendet, das erstmals 1958 von Albert Hofmann hergestellt wurde. Dabei handelt es sich um ein Pulver, das beispielsweise in Kapselform eingenommen werden kann.
Ein Zurücksetzen des Gehirns
Das neuerliche Interesse and Psilocybin zur Behandlung von Depressionen wurde durch eine britische Studie aus dem Jahr 2016 ausgelöst. Dabei war eine kleine Gruppe von Patienten, die auf die Behandlung mit anderen Antidepressiva nicht ansprachen, mit Psilocybin behandelt. Mehrere von ihnen beschrieben danach das Gefühl, dass in ihrem Gehirn so etwas wie eine Zurücksetzung auf einen normalen Funktionszustand stattgefunden habe, ähnlich wie beim Neustart eines Computers. Die Verbesserung der Symptome hielt nach nur zwei Dosen mehrere Monate an. Im Gegensatz dazu müssen herkömmliche Antidepressiva in der Regel täglich eingenommen werden – und das über Jahre hinweg.
Klarheit durch großangelegte Studien
Um eindeutig zu klären, in welchem Maße Psilocybin bei Depressionen hilft, werden derzeit großangelegte klinische Studien durchgeführt. In den USA stufte die Aufsichtsbehörde FDA kürzlich die Anwendung von Psilocybin als „Durchbruch-Therapie“ ein und erleichterte damit erheblich die Rekrutierung von Studienteilnehmern. Und auch in Großbritannien werden derzeit zwei große Studien durchgeführt. Eine davon findet am King‘s College in London statt, die andere wird von einer Privatfirma mit Teilnehmern aus Europa, den USA und Kanada durchgeführt. Bis zur Marktreife dürfte es allerdings noch ein wenig dauern. Eines steht aber schon jetzt fest: Die Therapie soll teuer werden. Neben dem klinischen Setting für die Einnahme sollen dazu auch hohe Kosten für die Entwicklung und Synthese dieses natürlich vorkommenden Stoffs beitragen.